Italien & Mittelmeerinseln mit der AIDAstella, Reggio Calabria 14.07.17
Der Morgen beginnt mit Wackeln und Doppelbildern. Nach bangen Minuten stellt sich erfreulich heraus, dass wir weder krank noch verkatert sind. Erfreulich auch, dass uns die Tsunami-Mafia-Historie nicht einholt. So genießen wir einen schönen Strand, einen freundlichen Busfahrer und diskutieren rote Fahnen.
Italien, Spanien und tolle Mittelmeerinseln
AIDAstella 2017
Der Caipirinha gestern war zu viel. Und wir sind betrogen worden, denn eigentlich hatten wir die alkoholfreie Variante, den Ipanema, bestellt. Aber anders ist es nicht zu erklären, dass schon beim Aufstehen alles wackelt, obwohl wir schon im Hafenbecken treiben. Und dass wir beim Frühstück plötzlich doppelt sehen. Ein schwerer Fall von Alkohol-Nachwirkungen.
Schwankungen und Doppel-Bilder
Aber wie es der Zufall – oder die Intelligenz – so will, der Nebel im Kopf lichtet sich langsam. Und es stellt sich heraus, dass der Ipanema wirklich alkoholfrei war – und das zum Glück, bevor wir den Kellner von gestern Abend zur Rede stellen.
Das Ruckeln und Wackeln des ganzen Schiffes kommt wirklich vom Schiff und nicht von uns, denn der Hafen von Reggio Calabria ist klein und der Kapitän muss rückwärts einfahren und hinter einer Mole seitlich einparken. Und was wir spüren, sind die Seitenstrahlruder, die uns nun langsam seitlich fahren lassen.
Und dann sehen wir beim Frühstück plötzlich unsere Frühstücksfee der letzten Tage doppelt. Wir zweifeln erheblich an uns, schwanken zwischen schwerem Alkoholmissbrauch und der Notwendigkeit eines Arztbesuchs, aber dann klärt sich unsere komplette Verwirrung zu unserer großen Erleichterung auf: Sie hat tatsächlich ihre Zwillingsschwester an Bord, die rein zufällig auch im Restaurant arbeitet und deshalb die gleiche Uniform anhat. Welch eine Erleichterung und Entlastung für unser geplagtes Gehirn.
Derart entwirrt können wir uns nun der nächsten neuen Stadt zuwenden: Auch in Reggio Calabria waren wir noch nie, und wie wir erfahren, auch AIDA bisher nur in wenigen Fahrten vor uns.
Ein erster Blick auf die Stadt
Der kleine Anleger liegt direkt an einer Schnellstraße, die auf einer Brücke an uns vorbeiführt, unter der Brücke befindet sich die Eisenbahn. Direkt daran anschließend schon die ersten Mehrfamilienhäuser. Der Hafenausgang ist südlich von uns, in der Richtung liegt auch die Strandpromenade, die zu den schönsten Italiens gehören soll. Der Weg dahin kann zu Fuß zurückgelegt werden, die gut 1,5 Kilometer sind machbar. Es gibt aber auch einen öffentlichen Shuttle-Bus, der direkt am Schiff liegt und kostenpflichtig ist. Unsere Kabine liegt heute direkt über dem Bus und so sehen wir Trauben von Menschen vom Schiff zu diesem Bus strömen. Und obwohl der Bus schon komplett überladen ist, wollen weitere Gruppen hinein, was aber physikalisch nicht möglich ist, selbst wenn die Busfahrer in der U-Bahn vom Tokio gelernt haben sollte. Mehr Quetschen geht eben nicht. Aber der nächste Bus kommt schon kurz danach. Allerdings reißt der Nachstrom an Mitfahrwilligen auch nicht ab.
Nach der üblichen Nach-Frühstückspause erkunden wir erst einmal die Umgebung per Deck-Rundgang. Über die kleine Marina vor uns können wir hinübersehen auf die Außenbezirke der 184.000-Einwohner-Stadt. Ein Stück weiter scheint die Stadt mit der Insel zu verschmelzen, die dem Schiff gegenüber liegt. Das ist aber nur scheinbar, denn von hier nicht mehr zu erkennen ist die Straße von Messina, die Meerenge, die Sizilien vom Festland trennt, wo wir gerade noch liegen. Durch diese Meerenge sind wir heute früh gefahren.
Sizilien liegt für uns in Sichtweite. Mit bloßem Auge sind dort Orte am Ufer zu erkennen. An bestimmten Tagen gibt es an dem Strand, zu dem wir nachher wollen, die berühmte Fata Morgana, ein Trugbild, bei dem Sizilien sogar zum Greifen nah aussieht. Dabei ist es doch so einige Kilometer weit weg, an der engsten Stelle, der schon genannten Straße von Messina immerhin 3 Kilometer, hier jetzt ein Vielfaches.
Erdbeben und Mafiosi
Ob wir heute wirklich an Land sollen? Reggio Calabria überzeugt historisch nicht zwingend: Gerade mal gut 100 Jahre ist es her, dass ein großes Erdbeben mit folgendem Tsunami 1/3 der Bevölkerung hinraffte. Und in den 80er Jahren tobte hier ein wilder Mafia-Krieg. Noch vor 5 Jahren löste das Innenministerium wegen der Nähe einiger Politiker zur Mafia den gesamten Stadtrat auf.
Naja, mutig gehen wir an Land und ich bin sehr froh schon einmal vorwegzunehmen, dass weder Tsunami noch blutrünstige Mafiosi über uns herfallen.
Als wir von Bord kommen, steht da grad der Shuttle-Bus einladend rum und so nehmen wir den einfach. Kosten von 2,- € pro Fahrt sind jetzt auch nicht wirklich übertrieben. Der Bus bringt uns in 10 Minuten zum Beginn der Strandpromenade „Lungomare Falcomata“. Wie schon erwähnt, hat der italienische Schriftsteller Gabriele Anunzio diese „den schönsten Kilometer Italiens“ genannt. Ich denke, das ist ein Beweis für die Existenz der Mafia, die ihm wahrscheinlich theatralisch eine Knarre an den Kopf gehalten hat, denn das ist maßlos übertrieben. Schön ja, keine Frage, aber schönere Promenaden haben wir erst gestern in Salerno gesehen oder im Herbst in der Adria in Bari. Aber andererseits ist das bekanntlich ja Geschmackssache.
Kiesel-Strand mit Blick auf Sizilien
Nachdem ich mich nochmal umgesehen habe und keine Mafiosi zu erkennen sind, hier meine Beschreibung:
Ein schön gepflasterter Weg ist oben über dem Strand, zur Stadt von einer Reihe teils brauner Palmen gesäumt. Über Treppen geht es – teilweise durch Grünanlagen – nach unten, wo ein ebenfalls sehr schön gepflasterter Weg direkt am Strand entlanggeht. Am Strand selbst wechseln Bereiche, die komplett eingezäunt sind und ein Restaurant oder Café mit Liegen und Sonnenschirmen beinhalten, ab mit Bereichen, die frei zugänglich sind. In letzteren liegen Menschen auf ihren Handtüchern, wie zu erwarten zumindest in den ersten freien Bereichen zumeist gelb-weiße AIDA-Poolhandtücher. Alles ist sehr ordentlich und absolut sauber.
Der Strand selbst besteht aus Kieseln, die gerade noch so klein und rund sind, dass man sich problemlos mit einem Handtuch darauflegen kann, ohne die Steine unangenehm zu spüren. Auch der Gang zum Meer ist barfuß möglich, zumal die Steine nicht zu heiß sind. Das Meer ist ordentlich wellig, aber kalt. Der Blick übers Meer geht wieder nach Sizilien, und das ist wirklich ein schöner Anblick.
Also doch insgesamt ein positives Fazit, wenn auch nicht so enthusiastisch. Apropos Enthusiasmus: Nun entbrennt eine wilde Diskussion darüber, was die ganzen roten Fahnen bedeuten, die oben an Baywatch-Türmen angebracht wurden oder von Bar-Besitzern in den Sand gesteckt wurden. Das können doch sicher nur Tricks der Barbesitzer sein, die Leute lieber in ihrer Bar statt im Wasser zu halten. Oder es ist einfach die kalabrische Flagge. Puh, ich kann so nicht arbeiten…
Zumindest gelingt es mir, die Familie zu überzeugen, nur bis zur Hüfte ins Meer zu gehen. Alternativ dazu haben wir gerade vor 2 Tagen in den Nachrichten gesehen, wie zwei abgetriebene Jungs dadurch gerettet wurden, dass 80 Strandgäste einfach eine lange Kette gebildet haben. Allerdings kriegen wir hier an unserem Strandabschnitt gerade nicht 80 Leute zusammen.
Jedenfalls liegen wir hier sehr gut in der 29°C heißen Sonne Dank der leichten Brise vom Meer. Lesen, Baden, WhatsAppen (für die Teenies), damit lässt es sich hier aushalten.
Ein netter Busfahrer
Unter dem Verdacht, vor den Bussen zurück könnte es einen langen Stau geben, wenn alle wieder an Bord wollen, machen wir uns aber zeitig wieder auf den Weg. Ist aber kein Problem, der Busfahrer ist zwar schon losgefahren, sieht uns aber von weitem und hält einfach an, um uns noch einsteigen zu lassen. Das ist jetzt wirklich richtig freundlich!
An Bord löschen wir wie üblich mit einem kühlen Milchshake und haben dann noch etwas Zeit auf dem Balkon. Von diesem hat sich die vormittägliche Sonne bereits verzogen, so dass das recht angenehm ist. Vielleicht jetzt nicht der Blick auf die Schnellstraße, aber auf das Geschehen unter uns. Die Ausflugbusse kehren zurück, dann bilden sich immer mal wieder Schlangen von Lastern, die auf die neben uns anlegende Fähre aus Sizilien warten, dann kommt alle 10 Minuten der Shuttle, ist aber bis zum Schluss nicht überfüllt, viele Gäste kommen auch zu Fuß aus der Stadt zurück. „Alle Mann an Bord“ ist heute mit 17:30 Uhr recht früh.
Das Auflaufen um 18 Uhr ist ein Ereignis nicht nur für uns, sondern auch für die Stadt. Vor dem Schiff sammelt sich eine ganze Gruppe von Anzugträgern, Weiß-Uniformierten und Polizisten. Danach müssen wir erst nach Norden aus dem Hafen herausfahren, um dann nach Süden abzubiegen. Dabei haben wir noch einmal einen schönen Blick auf die Straße von Messina und danach auf die sizilianische Küste. Noch lange bis nach Sonnenuntergang können wir die Berge und die Lichter der Städte sehen.
Das Abendessen gibt es heute ausnahmsweise im Marktrestaurant, weil dort Themenabend USA ist. Wie erwartet gibt es Burger, Zwiebelringe, Maisröllchen, Cesar Salat, Nachos mit Guacamole, die Kinder sind begeistert.
Heute gibt es tatsächlich mal wieder eine Show, diesmal die ABBA-Show „Dancing Queen Reloaded“. Wieder gut gemacht, wobei es für italienisches Temperament gar nicht so einfach ist, den ABBA-Sound zu treffen.
Die nächste Etappe sind 285 Kilometer bis Valletta / Malta.
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