Von Kiel nach Mallorca 3 mit der AIDAbella, Lissabon 12.10.19

Heute kommt alles zusammen: Verspätetes Aufwachen, kein Meerrettich, Angst vor Kriminalität, eine unbekannte Metro und natürliche Höhenskepsis in der Seilbahn. Und ein Einkaufscenter. Folglich sind wir in Lissabon und probieren wieder einmal etwas anderes aus, diesmal das Gelände der Weltausstellung EXPO 1998. Und dann kommt auch noch der große Schiffs-Blackout.

Torre Vasco da Gama Lissabon 19.10.12 - Von Kiel um Westeuropa nach Malle AIDAbella

Ich wollte so gern das Einlaufen filmen. Klemme, Fotoapparat und Schiff sind bereit, aber ich wache erst auf durch dieses merkwürdige Heulgeräusch, das die Autos machen, wenn sie über die gelochte Fahrbahn der 3,2 Kilometer langen „Brücke des 25 April“ fahren. Oh Mann.

Igreja de Santa Engrácia Lissabon 19.10.12 - Von Kiel um Westeuropa nach Malle AIDAbella

Das Frühstück reißt fast alles wieder raus, ab heute traue ich mich auch wieder an den Lachs. Nur der Meerrettich ist ausgegangen. Ab morgen soll er wieder da sein.

Kriminalität in Lissabon

Wenn der geneigte Leser nun aber denkt, der Höhepunkt der Schreckensnachrichten wäre damit überstanden: Es geht weiter: In der „Hafeninfo Lissabon“ steht noch einmal deutlich, wie stark hier Kleinkriminalität verbreitet ist. In der „AIDA heute“ stehen sogar 2 Artikel dazu, doppelt so viele wie sonst. Der Kapitän warnt noch einmal über Lautsprecher, dass Taschendiebstähle so stark zugenommen haben. Und auch gestandene Kreuzfahrer mussten bei den „Kreuzfahrtfans“ bei MeWe (und vorher bei Google+) berichten, dass sie in Lissabon Opfer eines solchen Diebstahls geworden sind. Na, das kann ja heiter werden. Die Lust, heute von Bord zu gehen, wächst gerade überproportional. Und mir tut jetzt schon der Arm weh, mit dem ich den ganzen Tag den Rucksack fest an den Körper pressen werde. Was genauso auch kommt, weshalb uns heute erfreulicher Weise ein Diebstahl erspart bleibt.

An dieser Stelle und bevor wir jetzt wirklich von Bord gehen, muss ich noch einmal ein Statement loswerden: Man kann sicher Diebstähle nicht völlig verhindern. Aber dass sie wie eine Epidemie um sich greifen und man genau warnen kann, an welchen Stellen es häufig vorkommt, wäre zu verhindern. Wenn es politisch gewollt ist. Folglich hakt es genau da.

Um 12 Uhr gehen wir von Bord. Bei einer der letzten Reisen hatte ich von hier berichtet, wie wir den Tag mit Presslufthämmern verbracht haben, weil vor dem Schiff ein neues Terminal gebaut wurde. Das ist jetzt fertig, dort liegen wir aber nicht, sondern die Seabourn Ovation, wir liegen direkt dahinter an etwas älteren Gebäuden, direkt vor dem Bahnhof Santa Apolónia.

Lissabon 19.10.12 - Von Kiel um Westeuropa nach Malle AIDAbella

Metro, Bus oder Bahn?

Und genau dorthin gehen wir jetzt. Und haben nun drei Möglichkeiten, mit dem öffentlichen Verkehr zur Weltausstellung zu fahren. Das geht in einigen Reiseberichten etwas durcheinander, deshalb hier einmal korrekt dargestellt:
Direkt vor dem Schiff ist eine Bushaltestelle, Ziel ist auch Oriente. Frequenz der Busse können wir aber nicht entdecken.
Im Bahnhof fahren Züge nach Osten, die Haltestelle Oriente ist die übernächste. Aber auch hier gelingt es uns nicht, die vielen Ziele, die am Eingang angeschlagen sind, mit unserer Linie in Einklang zu bringen. Vielleicht gibt es noch bessere Tafeln im Bahnhof oder man muss sich durchfragen.
Viel einfacher ist es an der Metro. Hier sind die Linien nicht nur sehr gut erklärt, auch das mit den Tickets ist einfach. Naja, relativ einfach. Die Strecke ist zwar die längste, aber dafür haben wir viel mehr Möglichkeiten, nach Lust und Laune durch die Stadt zu fahren. Deshalb also Metro.

Die Automaten bieten verschiedene Tickets, einfache Fahrt 1,50 €. Wir nehmen ein Tagesticket für Metro und Bus für 6,40 €. Familientickets werden hier keine angeboten, es benötigt auch jeder sein eigenes Ticket, um durch die Schranken zu gelangen.

Als erstes müssen wir aber ein Grundticket für 50 Cent erwerben, das immer wieder aufgeladen werden kann, das wir deshalb für unseren nächsten Besuch aufbewahren. Hierauf kann nun das Tagesticket geladen werden. Das geht alles in einem Vorgang, aber wir brauchen eine ganze Zeit, bis wir verstehen, dass wenn wir 4 Grundtickets und 4 Tagestickets auswählen, wir dann auf jedem Grundticket 4 Tagestickets haben, insgesamt also 16 Tagestickets. Da wir nicht das halbe Schiff einladen wollen, erscheint uns der Preis von über 100 € zu hoch und wir korrigieren auf 4 Grundtickets mit (je) 1 Tagesticket und alles ist perfekt. Kompliment an die Portugiesen hinter uns, die ganz geduldig unsere Automaten-Tipperei abwarten…

Lissabon 19.10.12 - Von Kiel um Westeuropa nach Malle AIDAbella

Metro zur Weltausstellung

Wir sind hier an der Endstation der blauen Linie. Die Metro ist sehr einfach in 4 Linien unterteilt, die alle mit Farben gekennzeichnet sind und sich an unterschiedlichen Stationen kreuzen. Wir fahren 7 Stationen bis zur Endstation der roten Linie und dann 8 Stationen mit der roten Linie Richtung Flughafen bis Oriente.

Zugang zur Metro ist nur durch Glasscheiben, die sich mittels des Tickets öffnen. Die Metro ist sehr sauber, besonders an der roten Linie sind sehr große, schöne Stationen. Die nächste Station wird jeweils einwandfrei per LED angezeigt. Das Publikum ist bunt gemischt, Familien, Arbeitnehmer, alles durcheinander, auch ein paar eher suspekte Gestalten, wie man sie aus jeder U-Bahn dieser Welt kennt.

Nur in Höhe von Bela Vista kommt die U-Bahn kurz aus dem Tunnel heraus, das reicht, um ein paar schön renovierte Wohnblocks, einen netten Ausblick auf den Tejo, aber überwiegend doch eine Ecke zu sehen, die wenig mit schöner Aussicht zu tun hat.

Der Bahnhof Oriente dagegen großzügig, ein helles, glasreiches Stahlskelett. Passt zur Weltausstellung.

Von hier gehen wir quer durch das Einkaufszentrum Vasco da Gama hindurch. Auch sehr modern, hell. Und schnell durchwandert, was aber nur mit dem Versprechen geht, auf dem Rückweg innezuhalten.

Lissabon 19.10.12 - Von Kiel um Westeuropa nach Malle AIDAbella

Vasco da Gama heißt hier alles Mögliche, weil er der berühmteste Entdecker Portugals war (ähm, also er hat nicht Portugal entdeckt, sondern für Portugal ne Menge Welt). So der größte Turm der Stadt, daneben die längste Brücke über den Tejo, 17 Kilometer lang.

Durch das Ausstellungsgelände über Brücken, durch Parks, mit der Seilbahn

An dieser Stelle machen wir einen kleinen Fehler, denn den ganzen folgenden Weg über beklage ich mich, dass nirgends Übersichtstafeln stehen, was welches Gebäude bei der Weltausstellung bedeutet hat und was heute darin angeboten wird. Nirgends finden wir so einen Plan, hier direkt am Ausgang des Einkaufscenters wäre er aber gewesen. Leider nicht von hier aus sichtbar, sondern nur beim Verlassen des Geländes. Daneben ist auch ein Info-Häuschen, vielleicht hätte es da Handpläne gegeben, so haben wir jedenfalls nichts in der Hand, weil wir gerade so gehen, dass wir das alles nicht sehen.

Die EXPO war 1998. Dafür ist dieses Gelände noch immer gut erhalten. Zwischen den ehemaligen Pavillons gibt es immer wieder Gärten, viel mit Betonung auf Wasser – was angesichts der Lage am Tejo und der Geschichte als Seefahrernation nachvollziehbar ist. Der Zeit damals ist es sicher geschuldet, dass es außerdem viel Beton ist, heute würde Grün noch mehr betont werden.

Der Weg geht an einem Wasser-Bassin vorbei, an dem die Fahnen der Nationen hängen. Von dort zum Tejo kommen wir schon an einigen Restaurants vorbei, hier anfangs noch nicht so einladend und in Ecken nach Urin riechend, im Verlauf dann eine sehr schöne Restaurantmeile mit Angeboten aus den unterschiedlichsten Nationen an Messehallen entlang.

Am Tejo eine schöne Promenade an einer Baumallee, dann über einen langen Holzsteg zwischen Tejo und einem großen Wasserbecken entlang. Dieser Steg ist sehr eigenwillig errichtet: Wir gehen nicht über durchgehende Planken, sondern es wurde große Quadrate mit Latten gebaut, die hier nebeneinander auf dem Stahlsteg aufliegen. Und sich im Laufe der Zeit verzogen haben, so dass sich diese Platten beim Betreten bewegen.

Jardins da Água Lissabon 19.10.12 - Von Kiel um Westeuropa nach Malle AIDAbella

Neben uns direkt über dem Wasser führt die Seilbahn entlang. Wir folgen dem Steg bis zum Ozeanarium. Reingehen oder nicht ist hier die Frage, wir entscheiden uns schließlich dagegen, zum einen, weil wir noch viel zu Laufen haben, zum anderen waren wir ja vor 10 Wochen gerade im Aquarium in Bergen.

Stattdessen schauen wir uns den Wassergarten daneben an, hier kann man unter einem Wasserfall hindurchgehen und an heißen Tagen sehr schön erfrischen, weil zeitweise Wasser fein gesprüht wird. Der größte Teil des Gartens ist aber leider gerade wegen Renovierung gesperrt. Das ist sehr schade, auf der anderen Seite aber schön, dass dies alles erhalten wird.

So heiß, dass wir eine Abkühlung brauchen, ist es aber heute nicht. Wenn wir in voller Sonne stehen kommen wir bei 22°C schon ins Schwitzen, aber besonders am Tejo weht ein erfrischender Wind.

Hier beginnt auch die Seilbahn, einfache Fahrt 4 €. Das machen wir trotz meiner verhaltenen Proteste, aber was tut man nicht alles für das Glück der anderen. In 8 Minuten schweben wir dann über das Ufer des Tejo mit sehr gutem Blick über das gesamte Ausstellungsgelände und die teuren, exklusiven Wohnanlagen, die hier in den letzten Jahren am Rand des Ausstellungsgeländes entstanden sind.

Die Fahrt endet am Vasco da Gama-Turm. Von hier gehen wir entlang der schon beschriebenen Restaurants aus aller Welt durch einen langgestreckten Garten, der die 4 durch Portugiesen entdeckten Weltzonen widerspiegelt. Ich persönlich finde diese Gärten am schönsten.

Jardim Garcia de Ortim Lissabon 19.10.12 - Von Kiel um Westeuropa nach Malle AIDAbella

Vorbei an der Arena geht es nun wieder zum Einkaufszentrum und ich muss das Versprechen einlösen, hier etwas Zeit zu verbringen. Zum Glück wird die beste Ehefrau der Welt auch fündig, und das auch noch zu einem sensationell günstigen Preis, damit ist das innere Gleichgewicht aller wieder hergestellt und wir fahren erschöpft mit der Metro den gleichen Weg wieder zurück.

Damit haben wir unser Tagesticket aber nicht völlig amortisiert, denn da wir uns nicht verfahren haben, wären wir mit zwei Einzelfahrkarten besser gefahren. Aber da das Ticket nun 24 Stunden gültig ist, überlegen wir heute Abend noch einmal in die Stadt zu fahren oder vielleicht auch morgen früh.

An Bord ist nicht mehr viel Zeit bis zum Abendbrot, Thema ist heute, wir hätten es fast erwartet, Portugal. Nun dürften die Speisen im Marktrestaurant an unseren Geschmack angepasst sein, es ist aber auf jeden Fall lecker.

Kompletter Blackout auf dem Schiff

Danach ist ein bisschen Zeit für „Skyjo“. Letztlich fahren wir dann aber nicht mehr los in das nächtliche Lissabon, der Gedanke, dass all die Warnungen vor Diebstählen nachts sicher noch mehr gelten, verdirbt uns etwas die Lust.

Lissabon 19.10.12 - Von Kiel um Westeuropa nach Malle AIDAbella

Da die Kinder lieber eine Fernsehshow sehen wollen statt zu spielen, setzen wir uns für einen Drink ins Theatrium und sehen dabei das Ende von „Aladdin“, der neuesten Disney-Verfilmung. Um kurz vor 20 Uhr gehen dann alle Lichter aus, es ertönt ein Piepen und die Feuertüren gehen zu. Nach ein paar Minuten meldet sich der Kapitän, dass es ein technisches Problem gab und die Stromversorgung gleich wieder hergestellt sein wird.

Ist es auch, nach knapp 15 Minuten ist es dann soweit, die Lichter gehen nach und nach wieder an, etwas später sagt der Kapitän durch, dass man die Verbraucher nur nach und nach zuschalten kann, um das Netz nicht gleich wieder zu überlasten. Wir gehen derweil übers Schiff und staunen über drei Dinge:

  • Wenn der gesamte Strom ausfällt, geht überall zeitgleich die Notbeleuchtung an. Diese ist heller, als wir erwartet hätten. Das gibt ein gutes Gefühl.
  • Als die Leinwand schwarz wird, das Licht aus- und die Feuertüren zugehen, bleiben alle im Theatrium einfach ruhig sitzen. Keine Aufregung, keine Panik. Und auch auf dem restlichen Schiff gehen die Leute umher, aber alles ganz ruhig. Auch die Eingeschlossenen in den Fahrstühlen warten friedlich auf ihre Befreiung.
  • Wie leise das auf dem Schiff ist! Wenn keine Musik trällert, keine Maschine an der Bar oder sonstwo arbeitet, ist es unglaublich still.

Wir bleiben über Nacht hier liegen und sind auch morgen noch in Lissabon.

Lissabon


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