Von Jamaika nach Hamburg mit der AIDAluna, Atlantik 11.03.24
Statt in Cherbourg rasen wir nun über den Atlantik. Der Seegang ist dabei ruhiger, der Balkon noch einmal richtig schön. Das gibt Zeit, einmal die Seekrankheit genauer zu beleuchten. Und wir versuchen, mit in die Werft zu kommen.
Traumhafte Strände und Wale in Mittelamerika und Karibik
AIDAluna 2024
Über Nacht ist die Schaukelei wirklich besser geworden.
Es ist noch zu spüren, zum Beispiel daran, dass die Stühle hinter der besten Ehefrau von allen beim Frühstück im Marktrestaurant plötzlich zu qualmen beginnen. Was daran liegt, dass dort eine Kaffeekanne vom Tisch gerutscht ist. Zum Glück hat sich keiner verbrüht.
Aber manche leiden offensichtlich noch, es ist eher ruhig beim Frühstück.
Apropos leiden: gestern haben auch gutwillige Gehirne die Schaukelei gespürt. Und obwohl die Wellen gar nicht so hoch waren, dass größere Teile der Einrichtung oder gar das Schiff selbst gelitten hätten, sind eine Reihe Gäste seekrank geworden und haben sich das Ende der Seetage sehnlichst herbeigewünscht.
Eingebildet oder nicht?
Darum wird es nun Zeit, mal ein paar Worte zur Seekrankheit zu schreiben.
Immer wieder wird von alten Seebären gesagt, dass diese nur im Kopf entsteht und man würde nur seekrank, wenn man das will.
Da ist manchmal was Wahres dran, der geneigte Leser ist hier aber eine differenziertere Betrachtungsweise gewohnt.
Deshalb müssen wir unterscheiden nach Gesunden, die von Seekrankheit befallen werden und Vorerkrankten.
Wer unter Kreislaufproblemen leidet wird sicher sehr viel eher erleben, dass der Kreislauf absackt, wenn das Schiff dasselbe tut.
Auch hier spielt der Kopf eine Rolle, denn ganz leicht steigert man sich darein.
Auch wer sowieso schon eine Schwindelerkrankung hat, wird mit größerer Wahrscheinlichkeit Schwindel, Übelkeit und auch Erbrechen erleiden.
Wir wissen heute, dass die Seekrankheit eine körperliche Grundlage hat. Das Gleichgewichtsorgan signalisiert Bewegung, aber die Augen sehen nur Stillstand. Damit kommt der Körper durcheinander und reagiert mit Müdigkeit, verstärktem Gähnen, Kopfschmerz bis hin zu Kreislaufkollaps und Erbrechen.
Was tun bei Seekrankheit?
Damit wäre Abhilfe dort, wo die Sinnesreize wieder übereinstimmen: Draußen sitzen, besonders in der Schiffsmitte, mit Blick auf den Horizont. Der ist nämlich stabil und damit kann das Auge den stabilen Horizont mit dem sich bewegenden Schiff abgleichen.
Frische Seeluft tut dabei gut, aber möglichst nicht Frieren, das bewirkt das Gegenteil.
Liegen ist im Anfangsstadium eher nicht sinnvoll, weil der Kreislauf nicht bewegt wird, deshalb lieber leichte Bewegung.
In fortgeschrittenen Stadien kann der Betroffene allerdings nur noch liegen und dann tut auch viel Schlaf gut.
Was nicht hilft, ist die immer wieder angepriesene Kombination aus Zartbitterschokolade und Pfefferminztee. Hier ist lediglich der Vorteil, dass wenn es wieder hochkommt, es nach After Eight schmeckt.
Essen ist aber schon gut, vor allem leichte Mahlzeiten. Die Seekrankheit mag eher einen leeren oder sehr vollen Magen.
Medikamente helfen vor allem vorbeugend, zum Beispiel die Pflaster, die man sich hinter das Ohr kleben kann.
Bleibt noch die anfangs aufgeworfene Frage nach der psychischen Beteiligung:
Wer sich nur genau genug beobachtet und jede Reaktion wahrnimmt, kann sich auch problemlos in eine Seekrankheit hineinsteigern.
Umgekehrt hilft konzentriertes Arbeiten gegen Seekrankheit. Das ist von einer anderen Reisekrankheit bekannt, nämlich vom Autofahren: Fahrer sind nie betroffen.
Diese psychische Komponente erklärt auch, warum manche darauf schwören, dass Akupressur-Armbänder helfen sollen, obwohl sie in wissenschaftlichen Studien keinerlei Wirkung hatten.
Daraus folgt, dass sich ablenken, sich beschäftigen eine weitere gute Methode gegen Seekrankheit ist.
Ich merke schon, das Thema ist noch deutlich komplexer, ich mache deshalb die nächsten Tage mal einen eigenen Artikel dazu mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Slot buchen beim Lektor
Um 10 Uhr sind wir natürlich wieder pünktlich beim Vortrag von Peter Grimm zum ersten Teil der Geschichte der Passagierschifffahrt im Theatrium. Das ist durchaus interessant.
Ungünstig ist, dass AIDA um Punkt 10 Uhr die Möglichkeit freischaltet, sich im Bordportal einen Slot für den Identitäts-Check morgen in Portsmouth zu reservieren.
Die meisten machen das auf dem Smartphone und sitzen deshalb mit gesenktem Kopf im Theatrium.
Andere wollen das lieber an den Tresen der Scouts machen und stehen dort in großen Trauben herum.
Blöd ist, dass sie sich die Wartezeit lieber mit lautem Quatschen als mit dem Vortrag vertreiben und das ist nicht schön für Lektor oder Publikum.
Von der Kabine aus folgen wir danach auch der Live-Doku von Jörg Hinz über Queen und Freddie Mercury. Er zeigt ja vor allem Film-Schnipsel und kommentiert die Übergänge. Ist aber auch ganz interessant.
Ansonsten haben wir viel Zeit zum Lesen. Das geht sogar wieder auf dem Balkon. Als nachmittags die Sonne dorthin rumgezogen ist, ist es wieder herrlich dort bei 11°C. Und wir halten das bis zum Sonnenuntergang aus.
Inzwischen ist das Meer ganz ruhig geworden.
Zwischendurch gibt es natürlich einen Caramel Macchiato im Café Mare. Begleitet von einer Runde “Skull King”, die die beste Ehefrau von allen trotz furiosem Finale des Autors dieser Zeilen gewinnt.
Atlantik statt Cherbourg
Eigentlich wären wir heute gar nicht auf dem Meer, sondern laut Fahrplan lägen wir in Cherbourg.
Das entfällt deshalb, weil wir ja auf der Flucht vor dem Sturmtief wesentlich weiter südlich in Europa gelandet sind, nämlich in Lissabon statt in A Coruña.
Dadurch haben wir nun ordentlich Strecke aufzuholen und schaffen den Weg bis England nur mit 2,5 Seetagen.
Sehr schade, denn Cherbourg kennen wir noch nicht und waren neugierig auf diese französische Küstenstadt.
Für AIDA bedeutet das alles natürlich einen erheblichen Verlust.
Zum einen durch die vielen stornierten Ausflüge auf Terceira, in A Coruña, Cherbourg und Dover. Als Ersatz wurden gestern in Lissabon und werden morgen in Portsmouth nur ganz wenige Ausflüge angeboten.
Zum anderen verbraucht die ständige Höchstgeschwindigkeit ein Vielfaches an Treibstoff. Deshalb mussten wir gestern auch ungeplant bunkern (= Treibstoff tanken).
Trotzdem ist es richtig, dass so entschieden wurde, denn keiner hätte etwas davon gehabt, wenn große Teile der Gäste bei 10-12 Meter hohen Wellen an die Kabine gefesselt wären.
Es scheint jetzt auch so, dass AIDA sich mit den Verlusten abgefunden hat und die Reise mit Anstand zu Ende bringen möchte. Gesetzt sind dabei das pünktliche Ende der Reise in Hamburg und der anschließende Werftaufenthalt.
Freiwillige Werft-Meldung
Wir haben uns bereits zwecks Reiseverlängerung freiwillig für die Werft gemeldet. Die beste Ehefrau von allen hat ein IKEA-gestähltes Händchen für das Zusammenbauen der Möbel und der Scout, die uns auf dem Ausflug auf Nevis begleitet hat, hat uns verraten, dass sie in der Werft tagelang neue Möbel zusammenbauen werden.
Merkwürdiger Weise ist bisher niemand auf unsere nachhaltige Bewerbung angesprungen.
Abends haben wir im Buffalo Steak House reserviert und genießen noch einmal ein exzellentes Filet.
Den Abschluss bildet dann die zweite Show des Travestie-Künstlers Sarah Barelly. Eine wirklich gute Gesangsstimme. Die Show ist aber wieder erst ab 16 geeignet, worauf auch mehrfach hingewiesen wurde. Was manche Eltern aber trotzdem nicht hindert, ihre Kinder im Publikum sitzen zu lassen. Selber Schuld.
Zum Finale zieht sich der Künstler dann einmal aus, nein, nicht nackt, sondern bis zu Alltagsklamotten, so dass man sieht, wie der Künstler ohne Verkleidung und Maske aussieht. Verblüffend, hätten wir nicht erkannt.
Morgen sind wir dann in Portsmouth.
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