Mittelmeer 13 mit der AIDAblu, Tunis / La Goulette 09.10.13
Tunis reizt uns in Zeiten afrikanischer Instabilität gar nicht. Stattdessen retten wir unzählige (Fliegen-)Leben, erleiden Anfälle von Verfolgungswahn und fremdschämen uns. Herrliche Sonne und tolle Shows runden den Tag ab.
Durch das westliche Mittelmeer
AIDAblu 2013
Als wir aufwachen liegen wir schon im Hafen von La Goulette, dem Hafen von Tunis. Tunis ist der einzige Ort auf dieser Reise, an dem wir nicht von Bord gehen wollen. Manche mögen ja gerne zu Hause erzählen, beim Sturz des Präsidenten live dabei gewesen zu sein – uns reizt das weniger. Gut, das ist übertrieben, die Nachrichtenlage über Tunesien klingt eher stabil, die tunesische Regierung will freiwillig zurücktreten, aber wir müssen das ja nicht alles selbst überprüfen. Deshalb heute ein weiterer entspannter Tag an Bord, entspannt auch dadurch, dass die meisten anderen unterwegs sind.
Das macht sich schon beim Frühstück bemerkbar: Wo gestern noch riesen Gedränge war, haben wir heute im selben Restaurant zur gleichen Zeit freie Auswahl. Danach lockt der Balkon mit herrlich sonnigen 27°C. Von dort können wir ganz entspannt der Rettungsübung der Besatzung zuschauen, die ewig lang schön in Reih und Glied auf dem Kai steht und die Vollzähligkeit überprüft. Ist gut, dass sie das immer wieder üben – da jetzt rumstehen würde ich aber nicht wollen.
Im Anschluss können wir aber auch stolz berichten, selbst viele Leben gerettet zu haben. Während unserer Zeit auf dem Balkon haben wir nämlich geschickter Weise die Balkontür offen gelassen. Nicht dass etwas gegen frische Luft in der Kabine einzuwenden gewesen wäre, aber in dieser Zeit haben zig afrikanische Fliegen Asyl in unserer Kabine gesucht. Nach kurzer Überlegung, ob wir sie für Kreuzungsversuche mit europäischen Fliegen mit nach Palermo schmuggeln sollen, haben wir sie doch in einer lustigen Aktion alle gefangen und lebend auf den Balkon entlassen.
Mit Lesen vergeht wieder der Tag. Mittag lassen wir wie immer ausfallen, zum Kaffee nur etwas Obst (und ein gaaaannnnnzzzzzz kleines Stück trockenen Blechkuchen). Da die Kinder zwischen den Kids-Club-Zeiten gerne einmal in den Pool wollen, legen wir uns heute mal gemütlich in den Schatten auf dem Pooldeck. In der Mitte des Pooldecks in der prallen Sonne stehen 44 Liegen, von denen jetzt in der Mittagszeit 6 menschlich belegt sind. Auf dem Rest liegen – was wohl? – Handtücher, gelegentlich auch ein Täschchen. Also, ich bin ja wirklich gern Deutscher und glücklich in meinem Land, aber manchmal kann ich mir vorstellen, dass man sich als Isländer oder Norweger nicht so sehr fremdschämen muss…
Mit Spannung erwarten wir, ob das Auslaufen pünktlich klappt. Mehrfach wurde darauf hingewiesen, dass die Borduhren nicht umgestellt werden, um die Hin- und Herstellerei zu vermeiden, dass dadurch in Tunesien aber die Uhren eine Stunde zurück sind. Das bedeutet, beim Auslaufen um 16 Uhr zeigen tunesische Uhren 15 Uhr an. Ob das jeder begreift? Ja, tatsächlich hat es jeder begriffen und wir laufen pünktlich aus. Dabei erstaunt es uns, mit welcher Kraft uns die Seitenstrahlruder vom Kai wegdrücken und dabei das Wasser gegen den Kai drücken.
Wir fahren dann dicht vorbei an der vor uns liegenden MSC Preziosa. Das gibt von der Reling und den Balkonen ein lautes Gejohle und Gewinke. Nett.
Die MSC Preziosa ist eindeutig größer als die AIDAblu und hat unglaublich viele Balkone. Sie wirkt von hinten und von der Seite wie ein Hotel, das man auf den Rumpf geschweißt hat. Kastig und nicht wirklich schön. Ich vermute, dass die neue AIDAprima auch so in der Art werden soll. So kann man sicher viel mehr Menschen unterbringen und hat viel mehr Balkonkabinen. Na, mal sehen, mitfahren werden wir da auch gerne mal, aber die Jungfernfahrt mit 86 Tagen ist doch etwas lang. Nicht für die Zeit an Bord, das wär bestimmt klasse, aber wer kann so lange von der Arbeit oder Schule wegbleiben?
Die Zeit bis zum Abendbrot überbrücken wir mit Lesen und einem Gang durch den Shop. Und gerade, als wir wieder die ersten im Marktrestaurant sein wollen, überkommt mich erstmals im Leben ein Anfall von Verfolgungswahn. Ich hatte ja vorgestern berichtet, dass wir von einem Freund aus der Jugendzeit angesprochen wurden, der auch mit an Bord ist. Beim Verlassen des Shops werde ich nun von einer netten Frau mit Namen angesprochen. Ich muss ihr eine gefühlte Ewigkeit ins Gesicht gestarrt haben, das mir schon irgendwie bekannt vorkommt, bis mir der Name Kirsten in den Sinn kommt. Womit ich zum Glück richtig liege. Das ist über 15 Jahre her, dass ich mit ihr und ihrem Mann in Hannover befreundet war. Seitdem haben wir uns nicht mehr gesehen, sie haben 4 Kinder bekommen und sind nun auf ihrer zweiten AIDA-Tour. Ihr Mann hatte mich schon irgendwo am Schiff erspäht, aber vehement geleugnet, dass ich das sein könnte. Na, das kriegt er nun ne Weile aufs Brot geschmiert. Nun meine ich, dass die Welt noch viel kleiner ist, als ich vorgestern behauptet hatte.
Das Abendprogramm hat diesmal einiges für uns zu bieten, weshalb wir uns auch schon um 19 Uhr ins Theatrium setzen, um den ganzen Abend in erster Reihe den besten Blick haben zu können. Das mit dem Blick ist auf Deck 10 und 11 ja so eine Sache, denn in 2. und 3. Reihe kann man wirklich nicht schön sehen. Auf Deck 9 ist das Sehen kein Problem, aber da gibt es keine Rückenlehnen und dafür ist der Abend dann zu lang, denn alles was uns interessiert, wird bis 22:30 Uhr gehen.
Zunächst gibt es eine Vorstellung verschiedener AIDA-Routen. Das ist gut und engagiert gemacht, interessiert uns aber weniger, es ging uns ja um die guten Plätze.
Dann spielen und singen die Solisten und Schauspieler „Gefährliche Erbschaften“, die musikalische Komödie, bei der ein Paar ein Haus mit lauter seltsamen Bewohnern erbt. Wieder sehr nett und unterhaltsam präsentiert.
Im Anschluss gibt es die auf AIDAblu exklusive Tanzshow mit den 8 Tänzern „Après la Pluie“. Hier geht es um Regen, Donner, Wind. Wieder mit beeindruckender Leichtigkeit. Aber wir denken so, dass wer da mittanzt, wirklich nicht eine Sekunde schlafen darf, sondern immer hochkonzentriert sein muss, sonst sieht die ganze Chorographie nicht aus. Hier sind aber alles Profis und sehr synchron. Und gerade das ist es, was so beeindruckt.
Den Höhepunkt bildet das Soloprogramm der Sängerin und Schauspielerin Orsolya Kaloczi „Through the eyes of a woman“. Die kleine und zierliche Ungarin präsentiert große Sängerinnen der Vergangenheit, flirtet musikalisch mit dem Pianisten und schließt stimmgewaltig mit Edith Piaf. In jeder Hinsicht ganz großes Kino!
Schade, dass das Theatrium nicht brechend voll ist, hier haben viele etwas verpasst, aber das habe ich ja gestern schon vorhergesagt.
Danach fallen wir zufrieden ins Bett.
Die nächste Etappe sind 361 Kilometer bis Palermo.
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