Wurde früher den Geschichten von Kreuzfahrt-Fans beeindruckt gelauscht, sehen wir uns heute zunehmend der Kritik ausgesetzt. Kreuzfahrt sei einer der schlimmsten Klimakiller und müsse verboten werden. Warum das Unsinn ist und gerade wir trotzdem eine Verantwortung für unser Klima haben.
Es gibt sicher keine ernsthafte Diskussion mehr darüber, dass sich etwas ändern muss, wollen wir nicht der Welt durch den Klimawandel schweren Schaden zufügen, den unsere Enkel und Urenkel ausbaden müssen. Wissenschaftlich eindeutig, gibt es nur ideologisch Verblendete, die das leugnen.
Aber bekanntlich kann man zu beiden Seiten vom Pferd fallen und so gibt es auch ideologische Verblendung beim Klimaschutz. Beides schadet nur.
Vergleich mit Strom
Unsere Zivilisation beruht zu einem wichtigen Teil auf der Nutzung von Energie. Es gibt aber keine Möglichkeit, nutzbare Energie zu gewinnen, ohne der Umwelt zu schaden. Natürlich wird niemand ernsthaft fordern, dass wir zurück in Höhlen ziehen und auf die Nutzung vom Strom oder Wärme verzichten.
Aber es ist ein riesiger Unterschied, ob wir dies mit Kohlekraftwerken erzeugen oder mit Windkraftanlagen.
Natürlich stören auch Windkraftanlagen, die wir in die Natur stellen. Und sobald irgendwo Windanlagen gebaut werden sollen, regt sich sofort Widerstand, weil es die Natur so verschandelt. Aber irgendwo müssen wir nun den Kompromiss machen: Entweder klimaschädliche Abgase oder unschöne Windspargel auf dem Land oder auf See. Ohne Kompromiss keine Zivilisation. Dabei ist Windenergie (neben Sonnenergie) sicher einer der schonendsten Möglichkeiten, solange sie nicht direkt neben Menschen oder in besonders empfindlichen Bereichen wie dem Wattenmeer errichtet werden.
Vergleich mit Autos, Flugzeugen und Fleisch
Es ist gesund, mehr das Fahrrad zu benutzen, und das sollten wir auch tun. Das ist aber begrenzt durch Entfernung und Wetter. Und öffentlicher Nahverkehr spart fraglos Abgase, ist aber nicht immer möglich, allein weil oft nicht vorhanden, besonders bei uns auf dem Land.
Aber auch hier gilt: Die Möglichkeit, selbst mit dem Auto von A nach B fahren zu können, ist eine angenehme Errungenschaft, die uns das Leben leichter oder schöner macht und den allermeisten von uns finanziell möglich ist. Es wäre wieder ein ideologisches Extrem, dies verbieten zu wollen. Abgesehen davon, dass man damit keine Akzeptanz für notwendige Veränderungen schafft, ist es aber auch gar nicht nötig. Denn es gibt ja Lösungen, etwa der Umstieg auf ein Elektroauto (auf die von interessierter Seite vorgebrachte Behauptung, Elektroautos seien schlimmer für die Umwelt als Diesel, gehe ich nicht ein, weil sie nachweislich falsch ist).
Oder Fliegen: Welch eine Errungenschaft, weite Strecken in akzeptabler Zeit zurückzulegen. Keiner kann ernsthaft verlangen, dies abzuschaffen. Aber da Fliegen derart klimaschädlich ist, macht es Sinn, Kurzstrecken abzuschaffen, da es hierfür genug gute Alternativen gibt. Und sich auf die Flüge zu beschränken, für die es kaum sinnvolle Alternativen gibt.
Nicht Flugzeuge sind böse, nur der verantwortungslose Umgang damit.
Und auch der Fleischkonsum schadet unserem Klima. Das ist keine Frage, liegt aber nicht am Fleisch an sich, sondern an der Menge. Wer etwas fürs Klima tun will, muss nicht anfangen etwas Ungesundes zu tun, indem er vegan lebt. Aber jeder von uns kann seinen Fleischkonsum beschränken. Und das wäre auch noch medizinisch sinnvoll, weil gesünder. Für die allermeisten Menschen bei uns gilt: 2-3x die Woche Fleisch oder Wurst sind genug, darüber wird es ungesund. Und damit haben wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Mehr Gesundheit und nur noch minimale Auswirkungen auf das Klima.
Anteil der Kreuzfahrt
Es geht nicht um Extreme, nicht darum, alles Schöne zu verbieten, es geht nicht um linke, rechte oder sonstwie Ideologien. Sondern es geht darum, dass wir eine Menge für das Klima tun müssen und auch können, ohne auf alles verzichten zu müssen oder zurück in die Steinzeit zu müssen.
Und was für Autos, Windkraftanlagen, Flüge und Fleischkonsum gilt, gilt genauso für Kreuzfahrten.
So wie Strom, Autos, Flugzeuge nicht an sich schlecht sind, sondern es darauf ankommt, was ich daraus mache, so sind auch Kreuzfahrten an sich erstmal nicht schlecht.
Ich kann mir nicht ganz erklären, warum Kreuzfahrten so exponiert in den Fokus von Klimaaktivisten gekommen sind. Vielleicht weil es Luxus ist (was dann auch mit Neid zu tun hätte). Denn die gesamte Schifffahrt ist verantwortlich für „nur“ 3% der CO2-Emissionen, 15% der Stickoxid- und 13% der Schwefeldioxidemissionen. Und davon macht je nach Zählung Kreuzfahrt nur etwa 0,5% der zivilen Schifffahrt aus. Andere Zählungen gehen von maximal 3,5% aus.
Damit kann man errechnen, was es bringt, würde man Kreuzfahrten verbieten. Und danach natürlich Fähren (die zumeist wesentlich umweltschädlicher sind, man kann ja die Strecken auch mit Flugzeugen überwinden). Und dann den Urlaub im Süden, weil er nur mit Fliegen, zumindest Autofahren zu erreichen ist und die zahlreichen Klimaanlagen in den Hotels zumeist mit unökologisch erzeugten Strom betrieben werden.
Kreuzfahrt und Klimaschutz
Auch Urlaub, auch Luxus gehört zum Leben und es kann nie ernsthaft darum gehen, alles zu verbieten, was schön ist. So wie ich den Klimaschutz ernst nehme und trotzdem ein Auto fahre, kann ich auch nach New York fliegen und Urlaub machen. Aber ich nutze ein E-Auto, erzeuge dazu meinen eigenen Sonnenstrom und würde nie Kurzstecken fliegen.
Und als Kreuzfahrtfan fahre ich auch mit Schiffen.
Aber hier haben wir eben auch die Wahl und die Verantwortung. Denn auch wenn Kreuzfahrten nur 0,5% ausmachen, sind das eben die 0,5%, für die wir verantwortlich sind. Mit dem Finger auf die anderen 99,5% zu zeigen reicht nicht, weil dann irgendwann alle mit Fingern aufeinander zeigen und nichts geschieht, weil immer nur die anderen verantwortlich sind.
Die ersten Kreuzfahrtunternehmen reagieren seit wenigen Jahren und rüsten Schiffe um. Es werden Filter und Katalysatoren eingebaut, Schiffe können zumindest im Hafen mit Landstrom versorgt werden oder die ersten Schiffe werden so gebaut, dass sie mit deutlich verträglicherem LNG (Flüssiggas, sicher nur eine Zwischenlösung, da zwar weniger Klimagase anfallen, aber die Förderung durch Fracking der Umwelt auch schadet) fahren. Das können wir unterstützen, indem wir mit Reedereien fahren, die sich hier hervortun. Damit zwingen wir auch die anderen nachzuziehen. Davon würde ich uns Fans gerne überzeugen.
Das alles wäre ein Anfang, reicht noch nicht für das Klima und hier setzt unsere Verantwortung ein. Wir, die wir Fans sind und viel Geld bei den Reedereien lassen, haben auch die Marktmacht, unsere Unternehmen zu zwingen, mehr zu tun, indem wir das immer wieder anmahnen. Es wäre ein für alle sofort umsetzbarer Schritt, auf Schweröl zu verzichten. Das verteuert die Fahrten für den Einzelnen etwas (ca. 200 US-Dollar pro Tonne), dazu müssen wir bereit sein. Die Unternehmen trauen sich noch nicht daran, weil einfach zu viele Kunden nur auf den Preis schauen. Unsere Verantwortung als treue Kunden ist es, hier zu drängen, nachzufragen, anzuregen.
Was spricht denn dagegen, bei jedem Rückmeldebogen nicht nur die tolle Zeit zu loben, sondern auch den Klimaschutz anzumahnen? Das kostet uns nichts, und wenn das genug machen, werden die Unternehmen hellhörig. Oder mal eine freundliche Mail schreiben, was wir als treue Kunden erwarten.
Und wenn wir dann noch ein bisschen weiter über den Tellerrand schauen, dann schauen wir auch nach Umgang mit Abfällen, Abwasser und das Verhalten in den Urlaubsregionen. All diese Informationen sind leicht im Internet zu finden.
Die Entscheidung für eine bestimmte Kreuzfahrt sollte für uns nicht nur Route, Unterhaltungsangebot und Preis, sondern nun auch Umweltengagement sein.
Denn letztlich profitieren wir alle: Das Klima. Unser Gewissen. Und wir müssen uns nicht mehr dauernd rechtfertigen für unser Hobby.
Du hast das Problem ziemlich gut aufgedröselt und ich möchte dazu folgendes sagen:
1. Kurzstreckenflüge
Solange die DB nicht in der Lage ist, einen störungsfreien Betrieb zu gewährleisten (Wetterprobleme mal ausgenommen), ist man mit Kurzstreckenflügen sicherer unterwegs. Umgekehrte Wagenreihung, Ersatzzüge – und wenn man dann eine Platzbuchung hat, ist die hinfällig.
2. LNG und Schweröl
LNG ist ja auch ein Produkt, welches nicht aus einem Landanschluss kommt. Es gibt dafür spezielle Tanker, die das Produkt ebenso über die Weltmeere transportieren, wie man das mit uns Passagieren macht. Bestenfalls fahren die LNG-Tanker mit dem gleichen Produkt, welches sie transportieren. Ob das immer gemacht wird, weiß ich nicht.
Die Verwendung von Schweröl wurde in den letzten Jahren international ziemlich eingeschränkt. In der Ostsee, in weiten Teilen der Nordsee, in den Küstenbereichen der USA darf Schifffahrt nur noch mit Gasöl betrieben werden. Gasöl ist gleichzusetzen mit dem Diesel, welches in unseren Kfz und LKW verbrannt wird und mit Heizöl. Die sogenannten SECA-Zonen, heute ECA-Zonen werden ständig ausgweitet. Die Ansprüche für Schweröl, welches auf hoher See noch eingesetzt wird, werden immer weiter heraufgesetzt.
Ich bin jetzt seit 5 Jahren im Ruhestand und habe deshalb die Entwicklung auf diesem Gebiet nur noch am Rande verfolgt. Ich war als Schifffahrtskaufmann u.a. für den Einkauf von Treibstoffen zuständig.Bei den Schiffen, die mit Schweröl betrieben werden konnten, gab es zum Teil logistische Probleme, das notwendige Produkt für das jeweilige Fahrtgebiet zu bekommen bzw. an Bord zu lagern. Eine Vermischung Gasöl/Schweröl kommt nicht in Frage. In den Häfen werden unangekündigte Kontrollen durchgeführt, die die Prüfung des Treibstoffs beinhalten. Entspricht der Treibstoff im Tank nicht den Vorschriften für das Fahrtgebiet, werden hohe Strafen im 5- bis 6-stelligen Bereich fällig.
Hallo Hans-Georg,
vielen Dank für Deine Ergänzung!
Welcher Treibstoff ist denn das, über das sich Städte wie Warnemünde wegen der starken Rußbildung beschweren?
Sorry für die späte Antwort, habe gerade eben erst deine Frage gelesen. Auf den Revieren der Seeschifffahrt, dazu gehören die Warnow und die anliegenden Hafengebiete, ebenso die Elbe, die Weser. Alle diese Reviere liegen innerhalb der ECA-Zone, in der eh nur das sogenannte Gasöl für die Hauptmaschinen verbrannt werden darf – auf den Revieren wie auch auf See. MGO (MarineGasOil) wie es international bezeichnet wird, entspricht dem Heizöl für unsere Heizungen und dem “Diesel” für LKW und PKW. Auf jeden Fall ist das kein Schweröl, das ist innerhalb der ECA-Zone streng verboten und wird bei Kontrollen mit hohen Strafen geahndet falls es in der Zone benutzt worden ist. Als Nachweis gilt das Öltagebuch, in welchem auf den Liter genau registriert wird, wieviel Öl in welchem Hafen gebunkert wurde, wieviel von welchem Öl in welchem Gebiet verbraucht wurde, wieviel Filterreste (sludge) in welchem Hafen entsorgt wurde. Anhand der noch an Bord befindlichen Mengen lässt sich das durch Peilungen der Tanks sehr genau feststellen.
Ältere Schiffe, sei es Fracht- oder Passagierschiffe, haben im Abgassystem (Schornstein) keine oder ungenügende Filter, die den Ruß vermeiden. Die neuen Schiffe sind da besser ausgestattet. Und natürlich riecht man den Diesel, das weiß jeder, der schon mal hinter einem LKW hinterhergefahren ist. Solange die internationalen gesetzlichen Vorschriften, die von allen Parlamenten der Seefahrernationen ratifiziert wurden, eingehalten werden, ist alles ok. Dann muss man halt damit leben, dass es einem stinkt.
Vielen Dank, Hans-Georg, dass Du das noch einmal ausführlich erläutert hast. Insbesondere den Zusammenhang mit den ECA-Zonen wusste ich nicht. Dir ein schönes Wochenende und liebe Grüße aus der Südheide!
Mal ein guter Beitrag zum Thema Klimaschutz und Kreuzfahrt.
Das lag mir auf dem Herzen, mal zu sagen! Vielen Dank für die Rückmeldung!