Ostsee 2 mit der AIDAdiva, Tallinn 31.07.18

Verwinkelte Gassen, wunderschöne Hinterhöfe, mittelalterliche Kaufmannshäuser, alte Kirchen, Rathaus und Apotheke, Stadtmauer, Unter- und Oberstadt mit zwei Beinen verbunden, das alles ist Tallinn. Und das erkunden wir zu Fuß, bis wir nicht mehr können. Nebenbei feiern wir einen schönen Geburtstag mit einem tollen Steak und freuen uns, dass AIDA uns nicht die Koffer vor die Tür stellt.

Tallinn 18.07.31 - Eindrucksvolle Städtetour durch die Ostsee AIDAdiva

Das Frühstück ist heute ganz besonders, denn unsere beste Freundin hat Geburtstag. Der wird heute Morgen richtig begossen mit reichlich Lachs und Obst. Und Unmengen Orangensaft. Alles Liebe und Gute!

Tallinn 18.07.31 - Eindrucksvolle Städtetour durch die Ostsee AIDAdiva

Die Innenstadt von Tallin ist rund 1,5 Kilometer entfernt und von daher zu Fuß zu erreichen. Aber es hat heute Nacht geregnet und nun wird es bereits morgens wieder so heiß wie die letzten Tage, was bedeutet, dass wir aufgrund der Schwüle schon auf dem Weg zum Frühstück schier kaputt sind. Deshalb beschließen wir fast einstimmig, uns heute einmal den AIDA-Shuttle für 5,99 € zu gönnen. Nur dem Autor dieser Zeilen ist es peinlich, hier in ehrlicher Erfüllung der Chronistenpflicht für diesen Katzensprung von einem Shuttle zu schreiben, aber zum Glück wurde er ja überstimmt.

Unser Zimmersteward muss irgendwie völlig durcheinander sein. Zum ersten Mal auf dieser Reise schafft er es, unsere Kabine schon während des Frühstücks zu machen. Und legt uns dabei eine Karte aufs Bett, mit der er uns eine gute Heimreise wünscht. Und zerrt unsere Koffer schon mal unter dem Bett hervor. Hallo, zum einen will niemand an die Abreise denken, zum anderen haben wir gedacht, wir hätten Morgen noch unseren einzigen Seetag dieser Reise vor uns. Aber vielleicht ist es auch so, dass unser Beschwerdebrief von der letzten Reise inzwischen bei AIDA angekommen ist und sie uns nun vom Hof jagen…

Andere scheinen das ernster genommen zu haben, denn als wir so vormittags ein bisschen Zeit auf dem Balkon verbringen, sehen wir unter uns Leute mit Koffer abreisen. Tja, schade wenn man seine Reiseunterlagen nicht liest und auf den Kabinensteward hört…
Alternativ können das natürlich auch Crew-Mitglieder sein, deren Vertrag hier zu Ende geht.

Rathaus Tallinn 18.07.31 - Eindrucksvolle Städtetour durch die Ostsee AIDAdiva

Bevor wir loslegen, müssen wir uns noch einmal kurz die Geographie vergegenwärtigen. Denn die 3 baltischen Staaten haben wir gar nicht so auf dem Schirm. Wir sind hier in Estland (nicht in Lettland, wie wir gelegentlich versehentlich gesagt haben), dem nördlichsten der 3 Staaten. Die Hauptstadt Tallinn liegt in der gleichen Bucht wie St. Petersburg und Helsinki, dem Finnischen Meerbusen, letzteres ist sogar nur 82 Kilometer Luftlinie entfernt.

Unser Plan ist heute also Rundgang auf eigene Faust. Um 11:30 Uhr wandern wir zum Shuttle vor dem Schiff. Dieser steht schon bereit und mit wenigen anderen geht es dann los, 10 Minuten bis zum Ziel an der Altstadt.

Von hier sind es noch 300 Meter bis zu einem ehemaligen Tor. Die Türme auf beiden Seiten zeigen schon, dass hier eine Stadtmauer auf uns wartet. Davor eine lange Reihe mit rund 20 kleinen Blumenlädchen. Ich versuche mal, unseren ersten Eindruck wiederzugeben, denn wir waren ja noch nie hier:

Wenn man Mittelalter sucht, dann nicht in Frankreich oder England, sondern in Tallinn. Hier stehen ganz viele alte Häuser, die Straßen haben in der Mitte Kopfsteinpflaster, an den Seiten Granitpflaster. Autoverkehr ist nur auf wenigen Straßen erlaubt. Viele Restaurants haben Sitzplätze unter Zeltdächern gebaut, bedient wird in historischen Kostümen. Angeboten werden zum Teil ans Mittelalter angelehnte Speisen.

Tallinn 18.07.31 - Eindrucksvolle Städtetour durch die Ostsee AIDAdiva

Wir bewegen uns zunächst in der Unterstadt mit seinen schönen alten Kaufmannshäusern (typisch als Teil der Hanse), dem Gildehaus, dem alten Rathaus, alten Kirchen, der alten Apotheke. Das Rathaus soll das am besten erhaltene gotische Rathaus in Nordeuropa sein. Die Ratsapotheke ist die älteste Apotheke Europas, ist über eine Treppe zu betreten, ist kleiner als gedacht, im ersten Raum wird sie ganz normal als (alte) Apotheke genutzt, im zweiten Raum stehen historische Apotheken-Utensilien.

Dann geht es einen schmalen Weg durch einen Torbogen und dann über Kopfsteinpflaster in die Oberstadt, wo der Adel einst den anderen auf den Kopf gucken konnte. Es gibt zwei Wege in die Oberstadt, Toompea (Domberg), die auch die zwei Beine Tallins bezeichnet werden. Wie die meisten gehen wir das „Lange Bein“ hoch und nachher das „Kurze Bein“ wieder herunter. Beide sind sehr malerisch, der Hinweg ist breiter und bergauf, der Rückweg ist eine schmale, verwinkelte Gasse über Stufen herunter.

Oben ist das Schloss Toompea mit dem hohen Turm (Langer Hermann) nicht öffentlich zugänglich. Der Garten dahinter mit Aussicht über die Stadt ist grad wegen Renovierung geschlossen.

Alexander-Newski-Kathedrale Tallinn 18.07.31 - Eindrucksvolle Städtetour durch die Ostsee AIDAdiva

Anders die orthodoxe Kirche (Alexander-Newski-Kathedrale), die mit ihren Zwiebeltürmen völlig aus dem Bild herausfällt. Hier ist eine Besichtigung möglich, allerdings ohne Fotografiererlaubnis (woran sich wieder viele nicht halten). Ansonsten sieht sie aus wie die Isaakskathedrale in St. Petersburg, nur sehr viel kleiner und ohne Deckenverzierung. Und leider, da orthodox, keine Sitzbänke für uns sonnengeplagten Wanderer.

Daneben steht die deutsche Botschaft, einige andere Botschaften haben wir schon auf dem Weg gesehen.

Vorher schauen wir noch in die evangelische Domkirche zu St. Marien. Die Besichtigung hier wäre aber kostenpflichtig. Dass ich Verständnis habe für Fotografierverbote zur Achtung von Sitten und Gebräuchen habe ich ja schon mehrfach gesagt, dass das Fotografierverbot aber nicht gilt, wenn man Eintritt bezahlt hat, finde ich dann doch doof.

Oben an der Festungsmauer auf einem kleinen Platz machen wir etwas Pause. Hier ist eine Kanone aufgestellt, Statuen von betenden Mönchen (die allerdings eher aussehen wie die drachenfliegenden Könige aus „Herr der Ringe“) stehen hier und es gibt eine direkte Verbindung von hier zu dem nächstgelegenen Wohnhaus der Unterstadt. Der Eingang ist direkt in der Dachfläche, aber verschlossen. Und hier beginnt auch die Gasse zurück nach unten.

Garten des dänischen Königs Tallinn 18.07.31 - Eindrucksvolle Städtetour durch die Ostsee AIDAdiva

Am Schluss gehen wir noch ein bisschen durch die Unterstadt. Hier treffen wir immer wieder auf die alte Stadtmauer, die die ganze Stadt umschloss. Diese ist auf fast 2 Kilometern Länge noch erstaunlich gut erhalten und immer wieder von kleinen runden Türmen unterbrochen. Es gibt die Möglichkeit, oben auf der Stadtmauer auf einem hölzernen Rundgang entlangzuflanieren, was wir aber nicht machen. Dafür gehen wir eine Weile an der Mauer entlang und finden immer wieder kleine Handwerker-Geschäfte mit hübschen Dingen aus Glas, Ton, Holz.

Überall in der Stadt finden sich kleine, verschlungene Gassen und wunderschöne Hinterhöfe. Besonders gefällt uns das in der schmalen St. Katharinen-Passage mit ihren Steinmauern und traditionellen Handwerksbetrieben. An einer Mauer dieser Passage hat man zudem historische Grabplatten aufgehängt.

Nach 2,5 Stunden Fußmarsch bei 29°C schwüler Hitze ist es genug für heute. Wir haben noch gar nicht alles gesehen, Kiek in de Kök (Aussichtsturm), die Dicke Margarete (Verteidigungsturm), viele weitere Kirchen und Museen wären auch noch eine Besichtigung wert, aber mehr ist für einen Tag nicht drin.

Erfreulicher Weise bietet die Stadt viele enge Gassen und dadurch Schatten, sonst hätten wir das gar nicht so weit geschafft. Gegen Ende ziehen auch ein paar sehr angenehme Wolken auf und als wir im Shuttle-Bus sitzen regnet es sogar 5 große Tropfen. Um 14:45 kommen wir dann am Schiff an und gönnen uns erst einmal einen großen kühlen Milchshake.

St. Katharinenpassage Tallinn 18.07.31 - Eindrucksvolle Städtetour durch die Ostsee AIDAdiva

Den Rest des Nachmittags verbringen wir auf dem Balkon. Ab 16 Uhr fahren dann die beiden neben uns liegenden Kreuzfahrer ab, zunächst die Seven Seas Explorer, dann die Regal Princess. Letzte hat statt lautem Typhon eine ebenso laute Typhon-Melodie, die ganz hübsch ist. Direkt dahinter laufen wir kurz vor 17 Uhr aus und bilden so 3 Kreuzfahrtschiffe an einer Kette.

Zum Abendbrot sind wir heute anlässlich der Geburtstagsfeier ins Buffalo Steak House eingeladen. Unser Filet schmeckt nicht nur fantastisch gut, es ist auch eine richtig schöne Art zu feiern, vielen Dank dafür!

Die abendliche Rock-Show verpasse ich dann, weil ich genötigt werde, gleich 2 Runden „DOG“ zu spielen. Aber Geburtstagskind entscheidet und so gelingt nach knappen Verlust in der ersten Runde (the winner is unsere Kleine mit unserem Freund) am Schluss doch noch ein Sieg für das Gute und das Gerechte. Oder halt für den Autor dieser Zeilen samt bester Ehefrau von allen.

Anders als auf anderen Schiffen gibt es hier für uns keine Roulette-Gutscheine, sondern Rubbellose. 40,- € geschenkte Rubbellose bringen sage und schreibe 15,- echte Euro. Welch ein gigantischer Gewinn, die 20.000,- €, die wir hiermit hätten gewinnen können und die wir schon für neue Reisen verplant hatten, müssen wohl noch warten. Aber selbst unser bescheidener Gewinn ist schwierig abzuholen, werden wir doch glatt noch einmal weggeschickt, weil wir nicht die gesamte Fläche besenrein gerubbelt haben. Wenn ich jetzt den Stundenlohn fürs Rubbeln mal gegenrechne, ist da nicht viel mit Gewinn. Da haben wir glatt draufgezahlt…

Die letzte Etappe sind 1050 Kilometer bis Warnemünde, morgen ist aber erst einmal unser einziger Seetag.

Tallinn

Der Lohn des Schreibens ist das Lesen. Das Kommentieren. Besonders das Teilen auf Blogs und Netzwerken!
Bisher keine Bewertungen
Auf der Newa
Diamantenglitzerndes Meer und acht tolle Gänge