Die Überführung der AIDAcosma über die Ems ist die erste Überführung, die wir uns ansehen und für uns ein echtes Erlebnis. Das sich spontan entwickelt hat und uns noch lange beeindruckt. Denn die Ems fließt durch plattes ostfriesisches Land und ist eigentlich zu klein für große Schiffe. So ragt dann die AIDAcosma wie ein Hochhaus weit über den Deich und über das Land auf. Und rund um die Deiche herrscht Ausnahmezustand.
Das ist ein Zeichen!
Dass wir dies tolle Erlebnis überhaupt haben, verdanken wir Ignatz. Ignatz ist ein Sturm, der über Norddeutschland hinwegfegt. Und mit so einem Sturm ist die Millimeterarbeit an den Engstellen der Ems nicht machbar, deshalb wurde die Überführung verschoben.
Und das ist unser Glück. Denn am Freitag hätten wir nicht gekonnt. Aber nun ist Samstag und unser erster Urlaubstag. Diesmal eigentlich nicht mit dem Schiff, sondern mit dem Wohnmobil.
Natürlich wären wir lieber Schiff gefahren, wir hatten auch nochmal die Karibik-Kreuzfahrt im Blick, aber AIDA hat zu spät veröffentlicht, ob wieder individuelle Landgänge möglich sind. Was wir nämlich vermeiden wollten ist eine Situation wie auf Gotland. Dort konnten wir nicht von Bord, weil alle interessanten Ausflüge bereits ausgebucht waren und individuelle Landgänge nicht erlaubt waren. Das stelle sich der geneigte Leser mal vor: Da kommt man in die Karibik und kann nur von Bord zuschauen. Deshalb mussten wir irgendwann buchen und haben noch das letzte Wohnmobil bekommen.
Und so sehen wir das als Zeichen, dass die Überführung um einen Tag verschoben wird und wir auf dem Weg zum Mittelmeer einen winzigen Abstecher ganz in den Nordwesten Niedersachsens machen.
Warum überhaupt so ein Spektakel?
Ja, ein Spektakel ist das wirklich, was wir heute erleben. Nun will ich den geneigten Leser aber noch einen winzigen Moment auf die Folter spannen und erklären, was wir heute überhaupt sehen werden:
Die Meyer Werft in Papenburg baut große Kreuzfahrtschiffe, unter anderem die meisten Schiffe der AIDA-Flotte. Papenburg liegt aber im Gegensatz zu den meisten Werften nicht am Meer, sondern im Inland an der Ems. Die Ems ist eigentlich viel zu klein für so große Schiffe. Deshalb wird sie für eine solche Überführung aufgestaut und die Kreuzfahrtriesen fahren dann durch mehrere Engstellen Richtung Nordsee. Diese Engstellen sind die Hotspots für die Völkerwanderung, die es hier bei jeder Überführung immer gibt.
Der Spaß beginnt – mit einer Enttäuschung
Start ist also an der Meyer Werft in Papenburg. Diese hat den Zeitplan bekannt gegeben, wann die AIDAcosma wo sein wird und ein Live-Tracking ist möglich.
Da vermutlich in Papenburg kein Platz mehr sein wird, positionieren wir uns in Weener. Hier ist die zweite Engstelle nach dem Passieren der Dockschleuse an der (nicht von einem Kreuzfahrtschiff) zerstörten Friesenbrücke.
In Weener kann man sehr schön auf einem Wohnmobilstellplatz im Ort stehen, auf die AIDAcosma warten und dann zum Deich gehen. Schon auf der Fahrt dorthin überall Sperren, die verhindern, dass Autos über Schleichwege zur Ems kommen. Auch in Weener alle Seitenstraßen gesperrt. Und der Stellplatz überfüllt. Toll, aber nein, das ist noch nicht die Enttäuschung aus der Überschrift.
Ein Stück weiter im Ort gibt es einen sehr ruhigen öffentlichen Parkplatz und da stehen wir ganz allein. Da Start in Papenburg nach 0:00 Uhr ist und die AIDAcosma erst um 5:45 Uhr an der Friesenbrücke erwartet wird, schlafen wir noch etwas, der Tag morgen wird lang.
Wecker stellen wir auf 4:30 Uhr und machen uns dann auf den 20minütigen Weg zum Deich. Komisch kommt uns vor, dass uns dabei zahlreiche Autos begegnen. Da schwant uns Böses, und in der Tat, als wir auf dem Deich stehen, sehen wir die AIDAcosma nur noch von weitem hinter der nächsten Kurve verschwinden.
Klasse, so viel Aufwand und dann umsonst, weil das Schiff halt viel früher hier war als erwartet.
Wenig Trost ist dabei der Versuch um 6 Uhr, an freundlich verkaufte Brötchen und Kaffee zu kommen. Doch, das bekommen wir, aber „freundlich“ ist bei zwei Bäckern ausverkauft.
Doch das alles spornt uns nun an. Während die zahlreichen Schiffsspotter nun wie die Wilden von einem Aussichtspunkt zum nächsten rasen, trinken wir erstmal Kaffee und denken nach. Und das lohnt sich:
Millimeterarbeit an der Klappbrücke
Wie planen nun ein, 1,5 Stunden früher am nächsten Hotspot zu sein.
Auf dem Weg nach Leer überall parkende Autos an den Straßen, denn die toll beleuchtete AIDAcosma strahlt hoch erhoben über dem Deich zum Greifen nah. Bei den schlimmsten Verkehrssündern hält nun die Polizei, insgesamt zeigt sie sich aber sehr tolerant.
An der Abzweigung zur Jann-Berghaus-Brücke in Leer stehen zahlreiche Polizeiwagen mit Blaulicht und da ist kein Durchkommen. Rund herum ist alles zugeparkt mit denjenigen, die dann zu Fuß zur Brücke wollen.
Nein, das machen wir so nicht mit. Und haben eine Idee: Wir fahren weiter und durch den Emstunnel auf die andere Seite und dort zurück nach Leer hinein. Auf der Karte haben wir gesehen, dass dort direkt am Deich ein Gewerbegebiet ist. Und wie vermutet können wir da ganz einsam (und legal) parken und haben direkt vor der Nase Treppen zum Deich hoch.
Oben stehen dann zunächst nur wenige versprengte Zuschauer, aber von hier haben wir einen tollen Blick auf die Brücke.
Diese ist hochgeklappt und die AIDAcosma hat bereits angefangen, sich einzufädeln.
Mehr Platz als zwischen Faden und Nadel ist an diesem Nadelöhr tatsächlich nicht (relativ gesehen).
Das Schiff fährt nur Millimeter um Millimeter durch diese Engstelle. Wobei „fahren“ nicht ganz stimmt: Zum einen fährt das Schiff rückwärts (das als wichtiger Hinweis, falls der geneigte Leser aufgrund meiner Fotos denkt, wir wären immer zu spät gekommen und würden das Schiff nur von hinten sehen), zum anderen sind hinten und vorne je ein Schlepper ans Schiff gepresst und leiten es sicher. Ein weiterer Schlepper fährt hinterher, mehrere Polizeiboote vorweg.
Anfangs ist die AIDAcosma noch beleuchtet, aber über dies langsame Manöver wird es Tag.
Als sie dann zum größten Teil durch ist, geht es etwas schneller.
Und dann ist sie irgendwann bei uns in ihrer ganzen Pracht. Und das ist nicht zu viel gesagt: Sie glänzt, ist riesig wie ein Hochhaus und eins der Sehnsuchtsziele der Kreuzfahrtfans. Und genau um 8:20 Uhr treffen Sonnenstrahlen das erste Mal in Freiheit auf das Schiff, das auf dem Weg zu den Weltmeeren (aber jetzt noch auf Weltflüssen) unterwegs ist.
Langsam fährt sie an uns vorbei über die Ems, zu beiden Seiten der Deich und hier bei uns auch Schilfinseln und unzählige Vögel. Langsam bedeutet, dass Wanderer hier am Deich schneller sind als das Schiff.
Inzwischen ist es voll geworden, die Menschen stehen dicht an dicht. Zum Glück können sich die meisten benehmen, nur einige wenige laufen vor den Menschen (und damit den Kameras) entlang statt hinter und nur einzelne müssen sich weiter nach vorne stellen zum Fotografieren, um damit allen anderen im Bild zu stehen.
Nun können wir das Schiff erstmals von der Seite und dann von vorne sehen, die uns so sehr vertrauen blauen Wellen und dann der berühmte Kussmund. Wirklich sehr beeindruckend.
Ein Stück gehen wir dann noch hinterher, um dann in Ruhe den nächsten Punkt zu planen.
Das erste Mal ohne Schlepper
Diese Sicht außerhalb der von allen empfohlenen HotSpots war gut und das wollen wir noch ein weiteres Mal wiederholen.
Ziel ist diesmal das Emssperrwerk Gandersum, die letzte Engstelle. Google führt uns völlig verrückt an der Deichstraße entlang, nur auf der falschen Flussseite. Aber so sehen wir noch einmal den Ausnahmezustand am Deich: Der gesamte Seitenraum der Straße ist zugeparkt, die Leute laufen ohne zu gucken zum Deich rüber. Beim Drehen ein Stück weiter zum Inland hinein sehen wir dann noch einmal das riesige Hochhaus AIDAcosma weit über den Deich und Ostfriesland ragen.
Natürlich ist der große Stellplatz in Jemgum am Sperrwerk überfüllt, also fahren wir weiter und finden einen Parkplatz ganz am Ende der Ems kurz vor der Mündung in den Dollart. Anfangs sind wir hier nahezu allein, bei Ankunft des Schiffs ist natürlich alles wieder überfüllt.
Aber hier warten wir zunächst umsonst. Und warten. Schließlich gehen wir auf der Deichkrone Richtung Sperrwerk, bis wir das Schiff sehen können. Da liegt es hinter dem Sperrwerk, das noch geschlossen ist.
Der Weg dahin ist Natur pur: Zäune müssen über Überstiegshilfen überstiegen werden, denn hier grasen Schafe frei. Und wer viel frisst, scheidet auch wieder viel aus. Das liegt hier nun dicht an dicht.
Schließlich gehen wir wieder zurück und gönnen uns einen Kaffee, bis wir im Live-Tracker sehen, dass das Schiff durch das Sperrwerk fährt. Zur ursprünglich geplanten Zeit.
Und so fährt die AIDAcosma noch einmal an uns vorbei, wenn auch nicht so zum Greifen nah wie in Leer, weil hier die Ems schon breiter ist. Wir sind gespannt, wann wir mal selbst mit der AIDAcosma fahren können, auf dem baugleichen Schwesterschiff AIDAnova konnten wir schon einmal eine Kreuzfahrt genießen.
Nach Verlassen der Ems vor Emden lösen sich dann alle Schlepper von der AIDAcosma, verabschiedet vom Typhon. Das ist auch ein rührendes Abschiedssignal für uns, während das Schiff weiter nach Eemshaven fährt.
Das jetzt aber ohne uns, denn für uns geht es nun weiter in den Süden.
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