Norwegen mit Lofoten & Nordkap mit der AIDAbella, Bodø 05.08.19
Mit dem dritten Mietwagen geht es zu zwei weltmeisterlichen Zielen: Die weltweit größte Population an Weißschwanz-Seeadlern (die wir nicht sehen) und zum größten Gezeitenstrom der Welt (den wir im zweiten Anlauf sehen). Beides ist beeindruckend und lohnt sich zusammen mit der beeindruckenden Natur rundum.
Fjorde, Berge, Wasserfälle – Fantastische Natur in Norwegen
AIDAbella 2019
Bodø ist wieder anders als die Orte, die wir bisher gesehen haben. Deutlich größer mit einem richtigen Hafen, einem Bahnhof am Hafen und einem Flughafen direkt daneben. Damit ist Bodø ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt nördlich des Polarkreises. Für norwegische Verhältnisse groß mit 50.000 Einwohnern, für uns eher kompakt.
Die Eisenbahnschienen enden hier, dafür starten Fähren zu den vorgelagerten Inseln, wie auch den Lofoten. Auch die Hurtigruten halten hier.
Als der Wecker um 6 Uhr klingelt, laufen wir gerade ein. Das erste was wir sehen sind Häuser am Hafen, die höher sind als das, was wir in den letzten Tagen gesehen haben. Tatsächlich erinnert die erste Reihe mit 5-7 Häusern an die Hafencity Hamburg mit etwas modernerem Touch. Dahinter dann aber auch gleich der Flughafen, die Landebahn zeigt entlang unseres Wegs. Gegenüber etwas Industrie. Rund um die Stadt hohe Berge, teils mit Schnee. Die Stadt breitet sich auf der Fläche unterhalb der Berge aus und etwas in die Berge hinein, am Rand sind bunte Häuser zu sehen.
Unser Liegeplatz ist zwischen Fähren und Bahnhof. Passend zu dem Knotenpunkt sehen wir immer wieder Menschen mit Koffern an unserem Schiff vorbeigehen, vom Bahnhof zu den Fähren und umgekehrt, andere kommen offensichtlich vom Flughafen, denn sie haben noch Anhänger von Fluggesellschaften am Koffer.
Zur Bilutleie durch die Stadt
Für uns ist heute wieder die Frage: Wo steht unser heutiger Mietwagen? Erst jetzt fällt uns auf, dass an der Abholadresse keine Adresse steht, sondern „Bilutleie“, was so viel heißt wie „Autovermietung“. Prima. Also heute gleich dort anrufen und gleich einen norwegischen Anrufbeantworter am Ohr haben. Der wortreich etwas erzählt, was ich nicht verstehe. Zumindest hoffe ich, dass das ein Anrufbeantworter ist…
Aber keine Sorge, so kompliziert wie gestern wird es heute nicht. In diversen Reiseberichten haben wir gelesen, dass Hertz quasi vor dem Schiff ist, keine 10 Minuten entfernt. Bevor das einer liest und sich darauf verlässt: Das ist nicht wahr! Vor dem Schiff ist lediglich eine Europcar-Vertretung.
Natürlich hilft das Internet und für den Fußweg dann wieder Google Maps: Dort finden wir die Adresse in „Bodø Downtown“ – das ist ein Zitat aus unserem Voucher und ein bisschen mutiger Begriff so im Vergleich mit New York. 25 Minuten Fußweg, das ist machbar.
Um 10:30 Uhr verlassen wir das Schiff. Es gibt hier kein Terminal, sondern nur einen Zaun und so sind wir direkt aus dem Schiff in der Stadt am Bahnhofsvorplatz. Von hier gehen viele andere zu Fuß in die Innenstadt, unser Weg führt daran vorbei, überwiegend durch Wohngebiete. Sehr hübsch alles für so eine Großstadt: Die Häuser sind meist zweigeschossig mit einem netten Balkon auf dem größeren Erdgeschoss. Alles ist aus Holz mit den vorherrschenden Farben Weiß, Rot und Ocker. Wir gehen durch sehr ruhige Wohnstraßen mit kleineren, sehr gepflegten Gärten, entlang eines großen Krankenhauses und – da staune ich über die Präzision von Maps – auf einem winzigen Trampelpfad über einen unbebauten Hügel mit Brenneseln und wilden Johannisbeeren.
Letztlich kommen wir tatsächlich nach gut 20 Minuten in einem kleinen Industriegebiet mit Autohändlern und darin einer Hertz-Vertretung an. Auch hier ist alles vorbereitet und diesmal bekommen wir einen größeren Wagen, einen Toyota Yaris, sogar als Hybrid, Automatik und mit Navi – alles als kostenloses Upgrade. Prima!
Nach einer Weile schaffen wir sogar, das Navi auf Deutsch umzustellen und das leistet uns nun gute Dienste. Außer ganz am Anfang, da will uns das Navi über Straßen leiten, die inzwischen aus mehreren hintereinander geschalteten Kreiseln bestehen. Darum fahren wir tatsächlich einige Mal falsch ab, bis wir aus diesem Wirrwarr entkommen und in einem völlig neuen Tunnel unter der Stadt hindurchfahren. Sehr angenehm und dem Navi ist nichts vorzuwerfen, da dies alles noch so neu ist, dass nicht einmal die Markierungen der Fahrbahn fertig gestellt sind. Wodurch wir plötzlich mitten auf einem Kreisel stehen ohne es zu merken. Aber ist zum Glück wenig Verkehr.
Offensichtlich hat aber nicht jeder so viel Glück gehabt, denn vor der Mietwagenfirma stand eben ein verunfallter Wagen mit eingedrückter linker Vorderseite und platten Reifen. Einen kurzen Moment lang hatten wir die Sorge, das sei der Wagen, den wir nehmen müssten. War er aber nicht.
Was gibt es nun hier zu sehen? Für uns sind zwei weltmeisterliche Ziele wichtig: Zum einen gibt es in den fischreichen Gewässern vor Bodø die weltweit größte Population an Weißschwanz-Seeadlern, zum anderen den größten Gezeitenstrom der Welt.
Der Gezeitenstrom zum ersten: Ganz ruhig
Unser erster Weg geht nach Süden. Dazu müssen wir einmal um den Saltfjord herumfahren. Das machen wir heute insgesamt gleich viermal, denn mit messerscharfen Verstand haben wir vorher geschaut, wann der Gezeitenstrom seine stärkste Ausprägung hat und das so geschickt verdreht, dass wir pünktlich dann ankommen, als er gerade fast zur Ruhe kommt. Das ist schon auch interessant, aber so müssen wir ein paar Stunden später noch einmal hierher, um auch die Action zu sehen. Und die Zeit dazwischen nutzen wir, um zu den Seeadlern zu fahren. Die allerdings auf der anderen Seite von Bodø sind, rund 30 Kilometer nördlich der Stadt am Vestfjord. Weshalb wir die ganze Strecke nach Bodø zurückfahren und auf der anderen Seite weiter, denn Ausweichstrecken um die Stadt herum gibt es wegen der Berge nicht.
Aber alles gut, wir sehen wieder ganz viel: Fjorde vor schneebedecken Hügeln, bei der ersten Fahrt totale Ebbe mit Booten, die auf dem Trockenen liegen. Bei der zweiten Fahrt dann die ganze Szenerie noch einmal mit Wasser. Viele einzeln stehende Häuser und Höfe zwischen grünen Weiden oder am Berg oder Wasser. Fast alle in den schönen klassischen norwegischen Farben. Jetzt weiß ich aber nicht, darf man die Farbe in Norwegen „schwedenrot“ nennen? Der besten Ehefrau von allen gefällt am besten die Kombination aus dunkelgrau und weißen Fenstern und Balken.
Tolle Landschaft ohne Adler
Wir kommen vorbei an ganz vielen kleinen bunten Häusern, dicht an dicht in langer Reihe, die an Stege gebaut wurden und als Ferienhäuser dienen. Wenn ich sage „bunt“ heiß das: Alle Ferienhäuser in einer Reihe haben die gleiche Farbe, wieder zumeist Rot oder Ocker, aber verschiedene Stege haben verschiedene Farben.
Nach Norden müssen wir über die Berge um Bodø herüberfahren. Unser Ziel ist hier Mjelle. Auch das erreichen wir nur über einen Berg. Die Straße nach Norden ist eine typische Landstraße, mal etwas enger bei Gegenverkehr. Unser Ort liegt an einer Seitenstraße, die über den Berg führt. Ganz oben ist ein Parkplatz, der ist eher für Bergwanderer geeignet. Auf der anderen Seite geht es wieder zum Fjord herunter, hier ist die Straße dann nur einspurig und es ist erfreulich, wenn keiner entgegenkommt. Sonst muss man sich halt einigen, wer zurück fährt. Unten endet die Straße an einem Dorf mit so 10 verstreuten Häusern. Aber es geht noch einen Schotterweg weiter, der auf einer Wiese endet, die als Parkplatz genutzt wird.
Es sind lediglich 4 andere Wagen da. Mit Blick auf den Fjord gibt es ein paar Tische und Bänke. Von hier kann man zu beiden Seiten am Ufer entlanggehen entlang eines Schotterwegs. Auch hier sind überall Bänke aufgestellt, an einer Stelle gibt es sogar eine Feuerstelle.
Der Weg geht am Fjord entlang, hier führen Felsen bis ins Wasser, ein Stück weiter ist weißer Sand zu erkennen. Auf der anderen Seite erhebt sich steil und schroff der Berg. Insgesamt sind die Berge hier mehr mit Bäumen bewachsen als weiter oben im Norden, aber hier ist der Fels grau.
In Sichtweite im Fjord ist eine kahle Insel, dort sollen Seeadler brüten. Wir schauen und schauen, sehen aber leider keine. Ist aber trotzdem sehr schön hier. Und auch das Wetter spielt mit: Es ist zwar bewölkt, aber fast windstill und bei 13°C angenehm.
Neben dem Parkplatz steht eine Toilette, die einzige, die wir in Norwegen gefunden haben, die nicht pieksauber ist, was daran liegt, dass es sich in dieser Einöde um ein Plumpsklo handelt, das so hell ist, dass man alles gut sehen kann. Naja, für Notlagen ok.
Der Gezeitenstrom zum zweiten: Wild
Dann brechen wir wieder auf zurück zum Gezeitenstrom im Süden. Denn jetzt wollen wir pünktlich zur Hauptphase da sein.
Rund 30 Kilometer von Bodø entfernt liegt Saltstraumen. Hier ist eine Meeresenge, an der das Wasser durch eine 150 Meter enge und 31 Meter tiefe Engstelle fließt. Gesteuert von den Gezeiten, bei denen es wie überall rund alle 6 Stunden Ebbe oder Flut gibt, müssen hier in kurzer Zeit 400 Millionen Kubikmeter Wasser aus dem Meer in einen weiteren Fjord oder zurück fließen. Das führt zu einer Fließgeschwindigkeit von über 40 km/h beim stärksten Fluss. Dieser ist heute um 15:18 Uhr. Diese Zeiten sind jeden Tag bedingt durch die Mondphasen etwas anders und in einer Tabelle nachzulesen, die zum einen hier an der Information hängt, zum anderen im Internet veröffentlicht ist.
Da wir vorhin vor ziemlich genau 3 Stunden hier waren, war es tatsächlich die Zeit in der Mitte und damit die ruhigste Phase. In der wir aber auch schon nicht nur die Strömung sehen konnten, sondern die Wirbel und Strudel, die dadurch entstehen. Hier zu schwimmen wäre lebensgefährlich. Damit ist dieser Gezeitenstrom tatsächlich der stärkste Mahlstrom der Welt. Und dahin fahren wir nun noch einmal.
Wir schaffen das pünktlich. Am Ziel geht eine richtig hohe Brücke steil über die Engstelle. Zu beiden Seiten dieser Brücke sind Parkplätze eingerichtet. Auf der Ostseite, an der wir jetzt sind, unter der Brücke. Neben dem Parkplatz ist eine Information mit Café und Toiletten. Von hier führt ein Fußweg hinab bis ans Wasser.
Dort begrenzen große Felsen die Engstelle, auf denen die Ständer der Brücke stehen. Direkt unter der Brücke gibt es eine Kette als Abgrenzung, seitlich davon muss man auf den Felsen selbst aufpassen, nicht ins Wasser zu fallen. Da es heute trocken ist, ist das durchaus machbar.
Einige Bänke stehen hier und es gibt eine Plattform mit einem alten Leuchtfeuer, auf die man sich stellen kann. Im Gegensatz zu vorhin sind nun deutlich mehr Menschen hier, aber es ist immer noch nicht überlaufen.
Das Wasser bringt übrigens eine Fülle von Nährstoffen mit, wodurch die Gegend hier sehr tierreich ist, was auch an den vielen Anglern zu sehen ist.
Zu sehen ist nun, wie das Wasser mit hoher Geschwindigkeit landeinwärts fließt. Vor drei Stunden war das wesentlich ruhiger meerwärts. Nun müssen wir den Jungs erst einmal erklären, dass das nicht einfach ein langweiliger Fluss ist, sondern sich die Fließrichtung alle 6 Stunden ändert und das Beeindruckende diese Geschwindigkeit ist, die sie richtig von Flüssen kennen, die hier aber nur durch die Gezeiten zustande kommt. Das ist Meerwasser und hier sieht man einmal, welche Kraft durch die Gezeiten eigentlich freigesetzt wird.
Beeindruckend ist, wie sich an immer wieder unterschiedlichen Stellen plötzlich Trichter bilden, weil ein Strudel entsteht. Solche Strudel können 10 Meter Durchmesser haben, das ist aber von hier unten nicht zu sehen.
Hoch und steil ist ja nichts für mich
Deshalb gehen wir mit vielen anderen nun die Brücke hoch. Sind die Leute vorhin alle an der Nordseite hochgegangen, gehen wir nun an der Südseite hinauf, weil so die großen Strudel zu sehen sind. Und von oben ist das wirklich gut zu sehen.
Aber nun müsste der geneigte Leser aufmerksam werden, denn ich habe bei der Beschreibung dieser Brücke die Worte „hoch“ und „steil“ gebraucht. Da war doch was, ach ja, die natürliche Höhenskepsis. Etwa bis zur Hälfte der Steigung finde ich das ganz unproblematisch, aber dann mache ich den Fehler, nicht auf die Strudel, sondern auf die Ameisen daneben zu schauen, die sich bei genauerem Hinsehen als Menschen entpuppen. Das bedeutet jetzt eine Höhe von ungefähr 8 Millionen Kilometern über dem Strudelspiegel. Und als dann nicht nur Flugzeuge, sondern auch die ISS unter uns durchfliegen, beschließe ich, dass es Zeit ist zum Abstieg. Die anderen gehen noch zum Gipfel der Brücke, das ist machbar, weil die Brücke nur so steil ist, dass keine Treppen nötig sind. Auf der anderen Seite ist sie so hoch, dass ich mich frage, ob es da oben überhaupt noch Schwerkraft oder Sauerstoff gibt. Außerdem ist es ja rein künstlerisch viel schöner, den Abstieg der anderen von unten aufzunehmen.
Von hier geht es dann langsam wieder zurück zum Schiff. An einem Aussichtspunkt können wir noch einmal beobachten, wie schnell das Wasser hier steigt und welche Kraft es hat, denn die Felsen im und am Wasser sind stark geriffelt, als hätte jemand einen riesigen Kamm über die Oberfläche gezogen.
Auf dem Rückweg lernen wir noch den Weg zum Flughafen kennen, auch dort gibt es eine Hertz-Filiale und das Navi will dorthin. Aber natürlich finden wir zur richtige Filiale, gehen die gut 20 Minuten wieder zurück zum Schiff und kommen genau richtig um 17:30 Uhr zum Abendbrot an, und haben nun richtig Hunger.
Auch hier sieht man die Gezeiten: Das Schiff haben wir noch verlassen über die Gangway von Deck 5, nun geht es geradeaus auf Deck 3 hinein.
Mietwagen und Straßen in Norwegen
Nach dem dritten Mietwagen wird es nun Zeit für ein Fazit: Insgesamt klappt das hervorragend mit den bestellten Wagen. Jeder Wagen war sauber und technisch einwandfrei. Wie üblich wird der Wagen von uns vollgetankt übernommen und wir müssen ihn voll wieder abgeben. Tanken ist in Norwegen aber überhaupt kein Problem, weil die Tanksäulen überall mit Lesegeräten ausgestattet sind, die EC-Karten gebührenfrei akzeptieren und in der Regel auch Deutsch „sprechen“. Einfacher geht es nicht. Außer heute, weil wir bei unserem Toyota einfach nicht finden, wie man den Tankdeckel öffnet. Gut, dass es heute Handys gibt, eine kurze Internet-Recherche ergibt, dass der Öffner an der Fahrertür am Boden ist. Ungewohnt. Und wieder ein Baustein unseres Lebens für den geneigten Leser: Ja, wir fahren zu Hause keinen Toyota.
Auch fahren ist in Norwegen sehr angenehm. Die Straßen sind supergut ausgebaut, es herrscht wenig Verkehr und die Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ist angenehm, um nicht so gehetzt zu sein und die Landschaft sehen zu können. Allerdings ist diese Geschwindigkeit auf vielem Strecken eh nicht möglich durch enge Straßen, Serpentinen oder faszinierende Natur.
An einem unserer heutigen Aussichtspunkte sehen wir eine Werbetafel des Norwegischen Tourismusverbandes. Dort wird erklärt, dass dieser Verband die Aufgabe hat, Tourismusstraßen auszuweisen und diese so zu entwickeln, dass die Natur geschont, aber auch zugänglich wird, etwa indem an schönen Stellen Aussichtspunkte und Parkplätze entstehen. An vielen Stellen haben wir sehen können, dass diese Aufgabe total gut umgesetzt wird und die schonende Präsentation der Natur absolut gut gelingt. Weiter so!
Nach so einem erlebnisreichen Tag spielen wir noch ein bisschen „Skull King“, sitzen zum Auslaufen noch etwas auf dem Balkon, weil die Sonne inzwischen durchgekommen ist und gehen dann aber früh ins Bett. „Voice of the Ocean“ im Theatrium interessiert dann nicht mehr, sondern schöne Träume von dem, was wir heute gesehen haben.
Die nächste Etappe sind 818 Kilometer bis Geiranger, morgen ist aber erst einmal Seetag.
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