Von der Dominikanischen Republik nach Teneriffa mit der AIDAperla, La Romana / Dominikanische Republik 04.04.19
Das nächtliche Aufstehen beginnt mit Flugverpassensangst und führt über einen endlosen Flug in die Karibik. Und dort beginnt ein neues Abenteuer. Ich meine nicht die Kreuzfahrt, sondern eine Busbeladung, die unbedingt in die Annalen unserer Reisen gehört. Wie man es schafft, 1,5 Stunden zu brauchen, um 3 Busse mit Menschen zu füllen, ich dabei gleich mal zum unbeliebtesten Passagier der Reise gekürt werde und diese Auszeichnung doch noch verliere an eine strunzhackevolle Dame, die sich kriechend zwischen den Koffern bewegt, nein, das möchte man mal erlebt haben. Aber dann kommen wir auf dem Schiff an und haben nun Urlaub. Und das in der Karibik. Wir sind glücklich.
Karibische Strände bis Europa
AIDAperla 2019
2 Uhr. Jedes Mal dasselbe. Tagelang muss alles fertig werden und wir arbeiten bis Mitternacht. Auf wunderbare Weise wird auch alles fertig. Und dann, nach 2 Stunden power napping (was neudeutsch ist und unruhigen, viel zu kurzen Schlaf bezeichnet) klingelt der Wecker. Was altdeutsch ist, natürlich hat kaum ein Mensch mehr einen klingelnden Wecker, sondern ein Uhrenradio. Deshalb klingelt auch nichts, sondern das Radio springt an und im Deutschlandfunk findet ein wahnsinnig spannender Meinungsaustausch zum Brexit statt. Zum Einschlafen. Aber das geht ja nicht, sicherheitshalber haben wir noch das Handy gestellt, das parallel zur Brexit-Diskussion Sail Away spielt, die AIDA-Auslaufmelodie. Zur Sicherheit springt auch der Fernseher an und Zeitschaltuhr-gesteuert der Fön, die hellsten Lichter, Kaffeemaschine und eine Rakete, die an einer pünktlich abgebrannten Kerze hängt. Nichts ist schlimmer, als den Flug zu verpassen, dafür muss man halt alles geben.
Nun gebietet die Kreuzfahrtreise-Chronistenpflicht, dass ich gestehe, den Anfang etwas aufgehübscht zu haben. Um die Dramatik der Flugverpassangst deutlich zu machen. Wahr ist alles bis zum Handy und Sail Away…
Der Flug diesmal ohne Umsteigen und Vogelschlag
Jedenfalls fallen wir so pünktlich aus dem Bett. In Rekordzeit schaffen wir die Reste zu packen und ohne Frühstück geht es um 4 Uhr los. Ziel ist diesmal Düsseldorf. Von dort sind wir noch nie gestartet. Und doch schließt sich hier der Kreis, woran sich vielleicht der geneigte Leser erinnert:
Vor einigen Jahren haben wir schon mal eine ähnliche Tour gemacht von der Karibik nach Europa. Damals war allerdings Karibik kürzer, die Betonung lag auf der Atlantik-Überquerung. Diesmal ist es umgekehrt: mehr Karibik, Atlantik – naja, weniger kann ich nicht sagen, die Strecke ist immer noch die gleiche (mit Ausnahme des Auseinanderdriftens der Kontinentalplatten, versteht sich).
Jedenfalls hatten wir da einen Zwischenstopp in München. Und beim Start dort sind wir in einen Vogelschwarm geraten. Natürlich sofort umgedreht, nur leider war trotz aller Wiederbelebungsmaßnahmen bei den Vögeln nichts mehr zu retten. Und nebenbei auch das Triebwerk kaputt. Deshalb alle wieder raus, viele Stunden in München warten, während eine Ersatzmaschine aus Düsseldorf beschafft wurde. Als die endlich da war, war mit dem ganzen Drama die Arbeitszeit der Crew überschritten, weshalb wir in Düsseldorf zwischengelandet sind, dort die Crew ausgewechselt wurde und wir eine Stunde lang auf den Flughafen geguckt haben, während das Flugzeug betankt wurde. Heute nun hoffen wir den Flughafen auch von innen zu sehen.
Nach dem Losfahren legen wir unseren liebsten Freunden noch einen kleinen Trostgruß vor die Tür. Wir denken ganz doll an Euch!!!
So mitten in der Nacht sind die Autobahnen recht frei, aber wir sind alle nächtlich furchtbar müde. Das erschwert die Fahrt doch erheblich. Im Ruhrgebiet gegen halb 8 geraten wir dann in den Berufsverkehr. Es ist Donnerstag und so zieht sich der Weg dann.
Aber irgendwann kommen wir an, unser reservierter Parkplatz ist da und wir können direkt zum Check-In gehen. Dabei müssen wir nur noch die Koffer abgeben, die Bordkarten haben wir schon gestern online bekommen.
Falsche Schlange, Verspätung, Boarding mit Kopfschütteln
Nun gibt es mehrere Schalter und vor jedem eine Schlange. Wie immer entscheiden wir uns für die falsche, nämlich für die kürzeste. Denn hier ist Eurowings durcheinander gekommen und auf unseren Schalter führen 2 Schlangen zu. Vorne in der Schlange entbrennt dann jeweils ein Kampf, von welcher der beiden Schlangen nun jemand an den Schalter treten darf. Das kann ganz gesittet gehen, indem sich die Schlangen einfach abwechseln. Sowas können wir auch ganz vorne beobachten. Aber das erfordert zuvorkommende und disziplinierte Wartende. Unser aller Beobachtung ist ja, dass so etwas weniger wird und so regiert auch hier schließlich das Recht des Stärkeren…
Wir hätten uns gar nicht so beeilen müssen, beim Einchecken erfahren wir, dass der Flug rund 1,5 Stunden Verspätung hat. Da er aus Kuba kommt und nicht rechtzeitig eintrifft.
Also haben wir viel Zeit, am Gate zu warten. Im Gegensatz zu anderen Flughäfen gibt es genug Sitzplätze, alles ok. Vorher noch Passkontrolle. Diese ist hier automatisiert: kein Polizist mehr, sondern der Reisepass wird in ein Lesegerät gelegt, dann öffnet sich eine Pforte, hinter der eine Kamera das Original-Gesicht jetzt mit dem eingescannten Pass vergleicht. Geht sehr schnell. Auch der abschließende Sicherheitscheck mit dem Ganzkörperscanner geht flott und so können wir endlich zum Frühstück. Denn wie der geneigte Leser vielleicht erinnert, haben wir bisher noch nichts gegessen und fast nichts getrunken. Nun ist es 9 Uhr und wir sind fast verhungert. Deshalb holen wir uns erst einmal ein vernünftiges Frühstück, auch im Hinblick auf die Unsicherheit, ob es bei den fast 10 Stunden Flug etwas gibt.
Dann ist erst einmal Gelegenheit, die anderen Gäste zu betrachten. Einige können sehr schnell als schwierige Zeitgenossen eingeschätzt werden. Die Erfahrung zeigt, dass wir genau diesen an Bord immer wieder begegnen werden. Marke: Unhöflich, fordernd, Ich-bezogen. Die gibt es ja leider immer. Aber diesmal gibt es Hoffnung: Wir erfahren, dass in der Regel das Flugzeug mit AIDA-Gästen gefüllt ist. Dieses Mal nicht, das Flugzeug teilen sich AIDA und Mein Schiff…
Die von uns beobachteten Zeitgenossen sind dann die ersten, die zum Schalter stürmen, als dort jemand ein Mikrofon in die Hand nimmt. Dabei wollte dieser nur sagen, dass das Boarding in einer halben Stunde beginnt und dann erst Priority und Gäste mit Handicap eingelassen werden. Das kommt dann eine halbe Stunde später auch so. Irgendwann sind wir dran, das dauert aber, weil nun jemand mit Gehbehinderung erst einmal die Beschwerde loslassen muss, dass er nicht als erstes einsteigen durfte. Da nützt es auch nichts, dass die Mitarbeiter versichern, dass sie mehrfach dazu aufgerufen haben und sogar die betreffende Person namentlich durchgesagt haben, bevor es losging. Können wir bezeugen, aber nun wird erstmal an der Einlasskontrolle diskutiert.
Trotzdem wir warten, bis fast alle anderen an Bord sind und uns nicht in die endlose Schlange einreihen, finden wir 4 Plätze nebeneinander. Das könnte allerdings auch daran liegen, dass auf unserer (und allen anderen) Bordkarten Sitzplätze aufgedruckt sind, wodurch es nicht nötig ist, die Schalter bei Öffnung zu stürmen, als gäbe es freie Platzwahl.
Diesmal sind wir sogar einen Schritt weiter gegangen und haben die Plätze zeitig bei AIDA kostenpflichtig reserviert. Für so einen langen Flug wollten wir einfach nicht über das Flugzeug verteilt sein. Und das hat auch den Vorteil, dass wir uns so langsam als Industriemagnaten fühlen können. Nachdem wir beim Bezahlen des Frühstücks vorhin das Gefühl hatten, den ganzen Flughafen gekauft zu haben, haben wir mit den Sitzplätzen gefühlt das Flugzeug erworben.
So schlau waren nicht alle. Eine Ehefrau 2 Reihen hinter uns fragt, ob noch woanders Platz sei, damit sie mit dem Mann zusammensitzen kann. Das kann man natürlich fragen. Und die Flugbegleiterin geht auch los, sucht das Flugzeug ab, spricht mit Kollegen und treibt 2 Plätze hinten auf. Aber da sind sie dann wieder, unsere Beobachteten: noch nie habe ich so viele „aber“ hintereinander gehört: aber ob das hinten auch gut ist, aber ob die Sitze da kleiner sind, aber hier sitzt sie am Gang, aber…
Großes Kompliment an die Flugbegleiterin, die sich bemüht hat und nun immer noch jedes „aber“ freundlich entkräftet, statt zu sagen: „nun nimm endlich den Platz oder lass es bleiben“.
Was, so frage ich mich, hätte ich nur zu schreiben, wenn es nicht bunte Mitmenschen gäbe: „Wir sind losgefahren, angekommen, geflogen und da“. A la Caesar.
Irgendwie vergehen auch 10 Stunden
Noch sind wir allerdings nicht da, während ich das hier schreibe, gibt es Essen. Das erstaunt mich. Die Erwartungen waren hoch. Als wir im Herbst mit AIDA ab New York gefahren sind, wurden wir auf Delta gebucht und hatten da ein Verwöhnprogramm pur mit mehr als wir essen konnten und Filmen so viel die Monitore hergaben.
Heute ist es Eurowings und da sind auch Monitore. Außer ein paar Kinderfilmen kann man darauf aber nur gucken, wenn man die Kreditkarte durchzieht. Kein Scherz, das ist wirklich so, Karte durch den Monitorschlitz und für 9,90 € gibt es die Film- und Musikflat.
Essen hört sich genauso an: es gibt den Hinweis, dass es für bestimmte Tarife Essen gibt, für Basic nicht. Essen und Trinken können aber gekauft werden.
OK, zwei Filmflats kaufen wir, der Flug ist sonst einfach zu lang. Aber beim Essen überlegen wir und warten mal, was der Hunger sagt. Und dann bekommen doch eine Reihe Leute Essen, nämlich die AIDA- und Mein Schiff-Gäste. Die normalen Gäste (O-Ton Flugbegleiter) nicht.
So gibt es also doch warmes Essen für uns. Nicht annähernd mit Delta vergleichbar, aber wen interessiert das angesichts der Freude, dass AIDA doch was gebucht hat und wir nicht die gedanklich schon formulierten bösen Briefe schreiben müssen.
Noch etwas zum Flug, der geneigte Leser merkt schon, ich habe 9 Stunden Zeit zu schreiben: Bis vor wenigen Tagen wussten wir nicht, wann wir wo zurückkommen. Die AIDA-Homepage schwieg sich aus und die Tickets kamen nicht. Die Buchung für den Rückflug ging nur für Berlin. Also haben wir schon einen Mietwagen bestellt, um von Berlin zu unserem Wagen nach Düsseldorf zu kommen. Vor knapp einer Woche rief AIDA an und bat um Rückruf, der Kollege unter der mitgeteilten Nummer wüsste Bescheid. Unter der Nummer war dann eine Warteschleife und nach nicht mal 1,5 Stunden ging auch ein Mitarbeiter ran. Um uns zu sagen, dass es mit Berlin nichts wird, wir werden nach Köln umgeleitet. Na, für uns natürlich prima, das ist deutlich kürzer als Berlin. Als Trost legen sie auch noch ein Bahnticket bei. Zwar kommen wir erst nach Mitternacht in Köln an, aber die S-Bahn fährt trotzdem nach Düsseldorf. Von Berlin hätten wir nachts mit der Bahn keine Chance gehabt. Und den Mietwagen hatten wir auch nur unter der Maßgabe gebucht, dass wir kostenlos stornieren können. Passt also. Hintergrund der ganzen Geschichte ist, dass es schwierig war, Flüge zu buchen nach den jüngsten Fluglinien-Insolvenzen.
Allerdings war nun eine Woche vorher zu knapp, AIDA-Tickets zu drucken und zu versenden, deshalb kommen die diesmal nur per Mail. Geht auch, lediglich der Kofferanhänger erfordert minimales Origami-Geschick.
Das Ziel des Fluges ist wieder die Dominikanische Republik, aber nicht La Romana, wo das Schiff liegt, sondern Punta Cana. Das bedeutet noch über eine Stunde Busfahrt. Und während sich in La Romana die Gäste nicht ums Gepäck kümmern müssen, müssen wir das in Punta Cana selbst an den Kofferbändern abholen und zum Bus bringen.
Das wird noch ein langer Tag. Nun sind 3 Stunden Flug um, 6 liegen noch vor uns. Und dann liegt unser Ziel 6 Stunden in der Zeit zurück. Immer wieder eine Herausforderung: 10 Stunden fliegen und dann in der Zeit zurück zu sein.
Ankunft soll gegen 16 Uhr Ortszeit sein, dann ist es in Deutschland bereits 22 Uhr. Und so fühlen wir uns auch. Die Rettungsübung kommt dann noch ein paar Stunden später.
Eine weitere Stunde vergeht mit den Einreisepapieren für die Dominikanische Republik. Auf Spanisch und Englisch, das ist gerade für ältere Gäste ein Problem. Zum Glück gibt es genug Jüngere, die helfen. Ist aber auch wirklich kompliziert.
9 Stunden Flug sind wirklich lang. Nach 3 Stunden haben wir das Gefühl, es seien mindestens 10 Stunden vergangen. Nach 7 Stunden gibt es noch einmal ein Sandwich. Danach sind immer noch 2 Stunden Flug und so langsam ist unklar, wie wir noch sitzen sollen. Eigentlich ist schon jede Stelle wundgesessen.
Unsere Erfahrung zeigt, dass es nachts wesentlich angenehmer ist durch die Schlafphasen. Dafür ist es hier zu laut und zu hell. Im Nachhinein kommt es einem auch immer nicht so schlimm vor, aber wenn man gerade dabei ist, wird es lang und länger. Obwohl wir einen Film nach dem anderen sehen.
Schließlich kommen wir aber doch an und haben sogar einen Teil der Verspätung aufgeholt. Nun geht alles sehr schnell, in Windeseile werden 2 Gangways an das Flugzeug geschoben, ein Shuttle bringt uns ein paar Meter zum Terminal.
Der Flughafen ist sehr schön. Klein, die Terminalgebäude wie reetgedeckt, nette Holzbänke und viel schön bepflanzen Rabatten.
Zunächst geht es zur Einreisekontrolle. Durch lange Reihen Absperrband geht es zu Schaltern. Hier sitzen Beamte, an die wir herantreten müssen. Unsere ausgefüllten Papiere werden gestempelt, der Ausweis elektronisch geprüft, dann sogar die Fingerabdrücke gescannt. Insgesamt genau wie letztes Jahr in New York.
Anfangs geht es etwas schleppend, dann aber werden zügig weitere Schalter besetzt. In der Zwischenzeit sind sogar die Koffer schon angekommen, einige drehen auf den Kofferbändern ihre Runden, andere stehen schon daneben. Da die Kofferbänder viel zu schmal dimensioniert sind, drohen ständig Koffer herunterzufallen, bis sich Kofferträger erbarmen und diese schon einmal herunternehmen.
Erfreulicher Weise finden wir unsere 4 Koffer recht zügig und weiter geht es zum Zoll. Auch dafür hatten wir im Flugzeug Papiere ausgefüllt und diese werden nun eingesammelt. Stichprobenartig müssen einige zum Koffer-Röntgen, wir haben Glück und werden durchgewunken.
Ein geschichtsträchtiges Bus-Drama, nach dem mich alle hassen
Überall stehen Kofferträger, das scheint eine wichtige Einnahmequelle hier zu sein. Einige fragen höflich und wir können sagen, dass wir wirklich keine Hilfe benötigen für die paar Meter, andere treten sehr forsch auf. Auf einen solchen fällt nun ein Mitglied unserer Familie herein. Ich sage natürlich nicht wer, aber dieser macht scheinbar einen offiziellen AIDA-Eindruck, fragt gezielt nach AIDA-Gästen, nimmt sofort alles in die Hand und bringt die Koffer mit einem neuen Rekord im 100-Meter-Lauf direkt an den Bus. Atemlos hinterhergekommen bin ich nun unfreiwillig mein erstes Trinkgeld los.
Und nun beginnt ein neues Abenteuer. Das heißt Busbeladung und gehört in die Annalen unserer Reisen. Wie man es schafft, 1,5 Stunden zu brauchen, um 3 Busse mit Menschen zu füllen, ich dabei gleich mal zum unbeliebtesten Passagier der Reise gekürt werde und ich diese Auszeichnung doch noch verliere an eine strunzhackevolle Dame, die sich kriechend zwischen den Koffern bewegt, nein, das möchte man mal erlebt haben. Ähm, habe ich wirklich „Dame“ geschrieben?
Wir stehen jedenfalls am Bus. So wie viele erfahrene AIDA-Fahrer das kennen, haben die schon die Koffer samt Mann an der Kofferklappe beim Busfahrer platziert und die Frau am Einstieg. Auf dies Szenario kommen wir zu und sehen im Eingang des Busses eine kleine Einheimische mit riesiger Sonnenbrille und Liste in der Hand. Davor eine Schlange Gäste. Und sehr schnell erfassen wir die chaotische Situation: Sie nimmt die Transfer-Vouchers der Gäste einzeln, streicht die auf der Liste ab, dann müssen die Koffer dieser Gäste in den Bus, dann können die Gäste einsteigen. Das Problem: An der Tür steht Herta und der Mann dazu irgendwo mit den Koffern. Also ruft die Chefoberaufseherin nach Helmuth. Dieser wird mit den Koffern irgendwo im Kofferchaos gefunden. Der Busfahrer steht hilflos zwischen lauter verwaisten Koffern, deren Eigentümer bereits im Bus sind oder auch nicht. Also muss die Chefin zu Helmuth, ihn mit dem Koffer zum Busfahrer geleiten, alle überzähligen Koffer aus dem Weg schieben und dem Busfahrer erklären, welche Koffer er einladen muss. Dann geht Helmuth zu Herta und erst jetzt dürfen beide einsteigen. Was einfacher wäre, wenn nun nicht Leute aus dem Bus wieder rausstürmen würden, die gesehen haben, dass ihre Koffer nicht eingeladen, sondern aus dem Weg geschoben wurden.
In diesem fröhlichen Hin und her schafft die Oberrätin nun also pro Minute ca. einen halben Passagier. Der geneigte Leser darf das nun selbst mal auf 200 Gäste hochrechen.
Aber das wäre jetzt natürlich nicht eine Erzählung wert. Vielleicht wenn ich noch erwähnen würde, dass die 3 Chefoberassistenten, die es auch gibt, sehr wichtig sind. Und so sehr wichtig in der Gegend rumstehen. Also muss die Buseinsteigemeisterin auch noch immer mal selbst in den Bus einsteigen und die Zahl der freien Plätze ermitteln. Was nicht leicht zu sein scheint. Vermutlich wird im Bus nochmal der Verbleib der Koffer mit ihr durchdiskutiert
Obwohl die Busherrin sich nun also um jeden Gast, jeden Voucher und jeden Koffer selbst mit karibischer Ruhe kümmert, stehen wir tatsächlich irgendwann vorne in der Schlange. Durch die Beobachtung haben wir natürlich gelernt und unsere Koffer direkt in der Hand. Dafür bekommen wir von der Voucherabstreicherin ein liebevolles Lob, was uns aber nichts nützt, weil eine erneute Zählung ergibt, dass der Bus dasselbe ist, nämlich voll.
So viele Leute standen vorher gar nicht vor uns, dass der Bus schon voll ist, denken wir, aber es ist eben auch so, dass unsere Kofferanleiterin karibische Freundlichkeit mit der Muttermilch aufgesogen hat. Und so ist sie auf dem Weg zu den Helmuths dieser Welt an der Kofferverladung jedes Mal noch 1-2x aufgehalten worden von Leuten, die ihr den Voucher vor die Nase gehalten haben, wie man das sonst nur aus Filmen im Strip-Club mit Dollarscheinen kennt. Natürlich wurden auch diese Menschen höflich bedient, so dass wir in der Schlange dumm gucken.
Aber nun stehen wir ja vorne, der Bus ist voll, und unsere Einsteigeleiterin verspricht der besten Ehefrau von allen, dass sie nun aber auch wirklich die nächste und im nächsten Bus folglich die erste ist. Damit zeigt sie jetzt, dass sie noch nicht so viel in der Welt herumgekommen ist, dass sie die Deutschen hätte kennenlernen können, denn die kommen jetzt ins Spiel.
Also auf zum nächsten Bus, direkt daneben. Die Busbeladerin nimmt die beste Ehefrau von allen an die Hand, ich hechele mit 2 Koffern und 1 Rucksack in der Hand und zwei Teens mit Koffern am Schlafittchen hinterher. Also würde ich gerne, aber der gemeine Deutsche sieht nun seine Chance: Alle, die hinter uns in der Reihe standen, kommen nun plötzlich von allen Seiten, teilweise mit Kofferwagen bewaffnet schneller als ich und bilden statt der Schlange eine Traube und ich mittendrin. Um mich eine Mauer aus Koffern und Menschen. Vorne am Buseingang die beste Ehefrau von allen mit der Busaufseherin. Und nun geht gar nichts mehr, denn der geneigte Leser erinnert sich: Einsteigen darf nur, wer die Koffer zum Verladen gegeben hat. Die Kofferanleiterin kommt nun von vorne nicht durch, selbst auf der ersten Busstufe stehend kann sie nicht über das Chaos hinwegsehen. Ich komme aus der Traube nicht raus. Die beste Ehefrau von allen steht vorne und ruft.
Nun habe ich berufsbedingt durchaus eine tragende Stimme. Und tue so, als ob ich eine gewisse Autorität ausstrahlen kann. Also benutze ich beides, erbitte freundlich aber kompromisslos Durchgang, fordere die Außenstehenden der Traube auf, doch bitte alle einen Schritt zurückzutreten, damit der Knoten sich auflöst, erkläre auf die unfreundlich Nachfrage, weshalb sie bitte schön ausgerechnet mich nun durchlassen sollten, dass sie nun gern rumdiskutieren können, aber wenn sie wollen, dass es weitergeht, müsse ich nun mal durch. Bei einer besonders dreisten älteren Dame, die ihren illegal erworbenen Platz weiter vorne keinesfalls aufgeben will, bin ich dann soweit, dass ich verkünde, dass ich nun nicht mehr bereit bin zur Diskussion und dass auch nicht erklären werde, das ist nun mal das Prinzip an diesem Bus und fertig. Und so bin ich dann unter dem Hass aller anderen irgendwann vorne. Denn trotz großer Klappe machen schließlich alle Platz. Hinter mir schließt sich das geteilte Meer allerdings gleich wieder, besonders bei der genannten älteren Dame, so dass wir die gleiche Prozedur für die Kinder wiederholen müssen.
So. Ich fürchte, jeder hier wird mich auf dem Schiff wiedererkennen und hassen. Und ich kann nicht mal was dafür, ich hab nur das vorgegebene Verfahren umgesetzt. Ab morgen werde ich mich auf meinem Balkon einschließen und die Kabine nie wieder verlassen.
Leider bekommt es nicht jeder mit, dass ich den Pokal der persona non grata an eine einzelne Frau verliere. Als nämlich der Bus fast voll ist, ist diese vorgesehen für den letzten Platz. Torkelt vor dem Bus rum, sucht den Voucher, dafür wird auch der Koffer aufgemacht und die Frau kriecht auf Knien neben dem Bus umher, bis sie alles gefunden hat. Ich denke erst, ich will nicht vorschnell urteilen und vielleicht braucht sie medizinische Hilfe, schließlich stehen wir seit über einer Stunde in der karibischen Sonne bei 29°C, aber unsere Sitznachbarn reden nun doch wieder mit mir und erklären, sie hätten schon im Flugzeug beobachtet, wie sich diese Frau einen Sekt nach dem anderen gekippt hat. Die ist nicht krank, sonders sowas von knülle, dass das eigentlich für einen ganzen Kegelverein auf Himmelfahrtstour reicht. Jeder hofft, dass dieser Kelch an uns vorbeigeht, aber sie steigt dann doch in den Bus ein. Oder vielmehr stolpert sie die Stufen hoch. Mit der völlig nachvollziehbaren Begründung, dass das Kleid zu lang sei. Jau, das Kleid, erinnert mich an jene Moderatorin, die meinte, ihre Schlauchbootlippen seien natürlich nicht gemacht, sondern nur die Haarfarbe anders, dadurch wirke das so. Ja…
Auch wenn der geneigte Leser es wahrscheinlich nicht mehr erwartet: Irgendwann fährt der Bus los. Muss zwar nochmal anhalten, weil die Kofferklappe nicht richtig geschlossen ist, aber es geht weiter. Ich nehme die Spannung vorweg: Wir kommen mit nur stundenlanger Verspätung beim Dunkelwerden an der AIDAperla in La Romana an.
Bis dahin sind es rund 70 Kilometer Autostraße. Aber so sehen wir mal was von der Insel. Und das ist durchaus schön: Die Insel ist viel grüner, als wir das gedacht haben. Wir fahren lange durch niedrige Wälder, teils auch Acker oder Weiden. Im Hintergrund sind schemenhaft Berge zu erkennen. Lediglich der viele Plastikmüll am Straßenrand stört die Idylle. Die Straße ist schnurgerade und sehr gut ausgebaut mit breitem, gepflegten Mittelstreifen, breiten Rändern, auf denen Fahrräder oder Fußgänger unterwegs sind. Die Umgebung des Flughafens in Punta Cana und auch des Hafens in La Romana ist sehr gepflegt und sehr schön angelegt.
Die Busfahrt ist lang und so habe ich etwas Zeit, um mit Wikipedia-Wissen zu glänzen. Die Staatsangehörigen hier heißen auf Deutsch Dominikaner. Die Dominikanische Republik ist nicht zu verwechseln mit der Insel Dominica, die zu den Kleinen Antillen gehört und deren Staatsangehörige Dominicaner (mit c statt k) heißen.
Am Hafen steigt eine Beamtin ein und drückt einfach in jeden Ausweis noch einmal einen Stempel. Der Check-In geht sekundenschnell, wir treffen auf Leute, die schon eine Reise vorher mitgemacht haben und jetzt nur mit Handtuch bewaffnet braun vom Strand zurückkommen und dann sind wir endlich endlich an Bord.
Das letzte Mal sind wir von hier mit der AIDAbella abgefahren. Wie viel größer wirkt jetzt die AIDAperla vor der karibischen Kulisse.
Ein leckerer Burger und eine der längsten Rettungsübungen
Unsere Kabine ist schön, darüber berichte ich in den nächsten Tagen. Traditionell führt ja der erste Weg zum Burger-Essen, das geht hier im Fuego Restaurant. Jetzt um 19 Uhr ist es dort erstaunlich leer und wir genießen den ersten Burger dieses Urlaubs, zusammen mit Unmengen frischer Früchte, viel Saft und einem Softeis. Das gibt es im Fuego kostenlos.
Bei Rückkehr in die Kabine kommen sogar die Koffer schon, so dass wir pünktlich zur Seenotrettungsübung häuslich eingerichtet sind. Dann kommt eine Ansage des Kapitäns. Jetzt muss ich mal fragen: Man munkelt ja, dass AIDA unfreiwillig die zukünftige AIDAmira von Costa übernehmen musste. Ich weiß nicht, ob das wahr ist, aber gilt das auch für Kapitäne? Dieser ist jedenfalls Italiener und heißt Paolo Benini (aus dem Namen hätte man die Nationalität ja nicht schließen können), was uns dabei überrascht ist, dass wir nach 30 Fahrten das erste Mal einen Kapitän haben, der nicht deutsch spricht. Hm, man muss ja für alles aufgeschlossen sein, aber gibt es in Deutschland nicht mehr genug Kapitäne? Das zumindest hatte AIDA bisher immer gemacht. Wie dem auch sei, wir werden so jedenfalls in Englisch begrüßt, den Rest übernimmt dann der Staff-Kapitän auf Deutsch.
Der Vorteil der Rettungsübungen auf diesen großen Schiffen ist ja, dass wir nicht draußen sitzen, sondern in den Restaurants oder – wie wir jetzt – im Theatrium. Mehrfach fordert die Stationsleiterin dazu auf, dass bitte alle auf den Bänken zusammenrücken, dann haben alle Platz. Ich kann von meinem Platz das Theatrium gut überblicken: Dreimal darf der geneigte Leser raten, wie viel Platz nach diesen Aufforderungen geschaffen wird: Null. Man würde ja eine Bewegung im Theatrium erwarten, wenn alle zusammenrücken. Das Gegenteil ist der Fall: Alle erstarren plötzlich zur Salzsäule und so bleibt weiter zwischen den einzelnen Gruppen immer Platz für einen halben Menschen. Also müssen einige stehen.
Inzwischen verkommt diese Übung zu einer der längsten überhaupt. Offensichtlich sind nicht alle erschienen und werden gesucht und gesucht. Es ist mittlerweile 21:30 Uhr Ortszeit. Das heißt in Deutschland 27:30 Uhr, ähm, sorry, 3:30 Uhr. Gestern um 2 Uhr sind wir aufgestanden, das bedeutet bis auf ein paar Nickerchen sind wir jetzt seit über 25 Stunden wach. Damit mag der geneigte Leser verzeihen, dass einer von uns während der Übung tief einschläft. Ich verrate natürlich nicht wer, versuche aber mit kleinen Ellenbogenstößen denjenigen zumindest vom Vornüberkippen abzuhalten.
Und dann fallen wir nur noch ins Bett und sind sofort eingeschlafen. Aber wissen dabei, dass wir nun Urlaub haben. Und das in der Karibik. Wir sind glücklich.
Die erste Etappe sind 673 Kilometer bis Oranjestad. Morgen ist aber erst einmal Seetag.
Nachtrag vom 21.07.2020
Da es im Rahmen der Corona-Pandemie 2020 einen kompletten Lockdown der Kreuzfahrt gibt, hat Daniel Dorfer in seinem fernwehblog.net zur Blogparade „Meine beste Kreuzfahrt“ aufgerufen, sich an all das Schöne unserer bisherigen Kreuzfahrten zu erinnern. Dabei ist es gar nicht so einfach zu entscheiden, welches unsere schönste Kreuzfahrt war, weil wir auf vielen Kreuzfahrten unvergessliche Momente hatten. Letztlich haben wir uns wegen der vielen Traumstrände und neuentdeckten Leidenschaften für diese Kreuzfahrt entschieden und nehmen hiermit an der Blogparade teil.
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