Norwegen mit Lofoten & Nordkap mit der AIDAbella, Leknes 04.08.19
Heute erfüllt sich ein langer Traum: Wir haben schon oft gehört, wie schön die Lofoten sind und wollten uns die schon lange einmal ansehen. Bei unseren letzten Norwegen-Reisen waren die nie dabei, in Zukunft wird es nicht mehr ohne gehen. Und fast scheitert das heute noch alles. Selbstverschuldete Mietwagenkomplikationen sorgen beinahe dafür, dass wir diese unglaubliche Natur verpassen.
Fjorde, Berge, Wasserfälle – Fantastische Natur in Norwegen
AIDAbella 2019
Der Wecker muss heute wieder um 6 Uhr läuten, damit wir wirklich alles in Ruhe schaffen. Denn wir wissen nicht genau, wie weit es zum Mietwagenverleih ist und wie wir am besten dahin kommen. Ohne vorher genau zu wissen, wo die AIDAbella liegt, haben wir den Mietwagen von zu Hause aus diesmal für den Hafen (Port) bestellt. Sagen wir: Für einen Hafen…
Nun liegen wir seit 7 Uhr fest vor dem Hafen und können Google Maps anstellen. Und da rutscht uns etwas das Her(t)z in die Hose: Die auf dem Mietwagen-Voucher angegebene Adresse der Hertz-Niederlassung ist locker 25 Kilometer weit weg in einem Nachbarort-Port. Maps ermuntert uns damit, dass das nur ein Fußweg von gut 4 Stunden ist…
Und nun? Wir haben extra keinen Ausflug gebucht, um möglichst viel auf eigene Faust sehen zu können, das hatte sich ja in Haugesund schon bewährt. Also beschließen wir auf dem Weg zum Frühstück, erst einmal in den Hafen zu gehen, dort die Mietwagenvertretung anzusprechen und ganz doof nach unserem Wagen zu fragen.
Wäre ein guter Plan gewesen. Schon das Frühstück ist von der Frage überschattet, was ist, wenn das nun nicht klappt. Mit mulmigen Gefühl beschließen wir, schon um 10 Uhr von Bord zu gehen, den Wagen haben wir für 11 Uhr bestellt, dann haben wir noch Zeit, alles zu regeln und notfalls mit Taxi zum Mietwagen zu fahren (und dann zurück?). Wäre auch eine Idee gewesen…
Der Mietwagen im falschen Port und auf Englisch
Die AIDAbella liegt hier vor Leknes auf Reede, das bedeutet, dass wir tendern müssen (mit den Tender=Rettungsbooten an Land gebracht werden). Da werden wir ganz schön auf den Bänken zusammengeschoben, dass genug Leute hineinpassen und in 10 Minuten geht es zum Hafen.
Der ist in einem kleinen Industriegebiet mit wenig Industrie und besteht aus einem Anlegesteg. Und einer Touristeninfo mit sehr sauberer Toilette. Ja, und das war‘s. Außerhalb des Sicherheitsbereichs ist noch eine Bude, die Tickets für Sightseeing-Busse oder Shuttle-Busse in die Stadt verkauft. Ach ja, und ein Stand der Zeugen Jehovas.
Das bedeutet: Kein Mietwagenverleih, kein Taxistand, kein Taxi, schlicht nichts. Ich verzichte dann darauf, die Zeugen Jehovas zu fragen, ob sie auch einen Mietwagen hätten.
Doch, am Ende des Parkplatzes steht ein einsamer Mietwagen von Hertz. Es keimt grad Hoffnung auf, dass das unser ist, weil die Mietwagenfirma mitgedacht hat. Ist er nicht, sag ich gleich schon mal. Aber drumrum stehen andere Gäste, die vorhin telefonisch einen Mietwagen geordert haben und denen zugesagt wurde, dass in 10 Minuten ein Wagen da ist. Die stehen nun seit 1 Stunde hier und warten somit schon 6x 10 Minuten und wir denken, wir warten mal mit, es ist ja noch nicht 11 Uhr und vielleicht kommt dann ja ein Ansprechpartner. Es kommt aber keiner.
Also fasse ich mir ein Her(t)z, tue mal ganz doof (was mir nicht schwer fällt) und rufe die Telefonnummer an, die auf dem Voucher steht. Ich bereite mich auf mein innerliches Zugrundegehen vor, denn mit großer Wahrscheinlichkeit erwartet mich ein norwegisch und englisch sprechender Gesprächspartner. Mein Norwegisch ist nur wenig schlechter als mein Englisch, ich spreche kein Wort norwegisch…
Und ich habe Recht: Englisch. Und Anrufbeantworter. Nun lasse ich die Flügel hängen. Also gut, machen wir es wie alle anderen und gehen zu Fuß entlang einer Hauptstraße in den Ort Leknes. Doch dann passiert es: Ich schaue noch mal auf mein Handy und da steht, dass ich soeben einen Anruf von einer mir unbekannten Nummer mit norwegischer Vorwahl verpasst habe. Also tue ich wieder doof und rufe die zurück: „Sie haben versucht mich zu erreichen?“ Antwort: „Ja, weil Sie mich versucht haben zu erreichen“. Na prima, das geht ja gut los, wir drehen uns im Kreis. Und das auf Englisch, natürlich.
Aber letztlich klären wir das: Sie sitzt gerade in unserem Auto und kommt aus einem Nachbarort zurück, der auch einen Port hat und wohin wir unseren Mietwagen bestellt haben, sie uns aber nicht gefunden hat. Was sie ja auch nicht kann, weil wir ja gerade in diesem Port hier stehen. Wir können den Wagen nun aber gerne auch in Leknes abholen. Oder auch Lieferung in den Hafen ist möglich, das kostet 500 NKr extra (rund 55,- Eur). Natürlich ist uns das Recht, dafür dürfen wir den Wagen auch einfach nachher hier stehen lassen. Eine Internetrecherche ergibt, dass wir das auch vorher zum selben Preis hätten so buchen können. Sie sei dann in 10 Minuten da, wir würden sie an dem grünen Auto erkennen.
Sie ist in 10 Minuten da. Und das Auto ist grün. Wirklich grün. Sowas geht eigentlich nicht als Auto durch, sondern eher als Nachzuchtprojekt für Kunstrasenplätze. Aber egal, ist ein Corsa, fährt und nur 20 Minuten nach der ursprünglich bestellten Zeit haben wir unseren Mietwagen!
Eine Landschaft die entschleunigt und zum Anhalten und Ansehen einlädt
Und dann geht unsere Fahrt los durch eine der schönsten Landschaften, die wir auf all unseren Reisen bisher gesehen haben. Noch wieder anders als in Haugesund vor ein paar Tagen. Ich kann mich an keine andere Landschaft erinnern, die so sehr entschleunigt, in der es so leise ist und die so zum Anhalten und Ansehen einlädt.
Das aber zu beschreiben ist gar nicht so einfach, am besten, der geneigte Leser nimmt sich dies einmal selbst vor, ich kann das nur empfehlen: Wir fahren auf der einen Seite entlang von hohen, steilen, grauen, zerklüfteten Bergen. In der oberen Hälfte ist noch Eis zu sehen, ganz oben hängen Wolken in den Bergen. Auf der anderen Seite der Straße ist der Fjord. Ein Fjord, dann noch einer, noch ein paar, dann zur Abwechslung ein riesiger See. Allein das ist unglaublich schön.
Dazu kommt, dass wir immer wieder an kleinen oder größeren Stränden vorbeikommen. Manche haben einen schmalen Sandstreifen und eine Art kleines Watt, da gerade Ebbe ist. Aber auch größere Strände, richtig schöner, weicher, heller Sand. Besonders schön der Strand in Ramberg.
Auch das Wasser ist ganz hell und sauber, man kann bis zum Grund gucken. Und es ist so schön, am Strand am Wasser entlangzugehen und nichts zu hören außer kleinen Wellen.
Die Klarheit des Wassers belegt unser Jüngster nochmal. Am Rand eines Strands springt er sehr geschickt über kleine Felsen. Um dann mit einem gekonnten Schlusssprung elegant vom Felsen abzuspringen und mit seinen neuen Turnschuhen mitten im Wasser zu landen. Die Spaziergänger amüsieren sich gut. Er hat nicht gesehen, dass über dem Sand noch Wasser ist, so klar ist das…
Vereinzelt stehen an den Fjorden einzelne Häuser, manchmal bilden ein paar Häuser einen winzigen Ort. Manche Orte bestehen aus wunderschönen alten Fischerhäusern, zum Teil auf Stelzen am Ufer, hier gefällt uns Reine sehr gut.
Längs über die Inseln geht die Europastraße E10. Dieser folgen wir nach Süden. Nun klingt Europastraße groß und breit, ist sie anfangs auch, aber je weiter wir fahren, desto häufiger wird die Straße durch Leitplanken so eingeengt, dass es eine gute Idee ist, den Gegenverkehr erst durchzulassen, es sei denn, man hat keine Eigenbeteiligung bei Schäden vereinbart. Zunehmend sind Brücken nur einspurig, aber durch Ampelanlage gesichert. Zumindest die, über die man nicht rübergucken kann. Das bedeutet Anfahren am Berg, uhuh.
Zwischen Bø und Å am Ende der Welt
Wir fahren durch Orte mit spannenden Namen, zum Beispiel Bø, oder unser Ziel, der Ort Å. Das ist der Ort mit dem kürzesten Namen weltweit. Å ist übrigens auch der letzte Buchstabe des norwegischen Alphabets, keine Ahnung warum diese Information so spannend ist.
Spannend dagegen ist, dass die Europastraße E10 am Ende von Å durch einen Tunnel führt und dann einfach zu Ende ist an einem Parkplatz. Hier geht die Welt nicht mehr weiter. Außer zu Fuß, hier geht es noch ein kleines Stück weiter auf die Felsen über einem Fjord auf der einen und dem Meer auf der anderen Seite. Im Fjord sehen wir eine kleine und laute Möwenkolonie. Hier oben ist es zwischen den Felsen grün, an einigen Stellen etwas sumpfig, es wächst hier Wollgras. Ein kleiner kalter See dazwischen. Das Gehen über Gras fühlt sich an wie eine Matratze, der Boden scheint torfig zu sein.
Und obwohl der Parkplatz voll ist, ist es hier oben auch ruhig, die Leute verteilen sich über die Weite der Felsen. Herrlich.
Immer wieder halten wir an auf kleinen Parkplätzen oder auch nur Parkbuchten und nehmen uns Zeit, die frische Luft zu atmen, den Blick über Wasser oder herrliche Berge fallen zu lassen, an Strände zu gehen. Eine Ecke ist hier malerischer als die andere und nach der nächsten Kurve kommt noch etwas Beeindruckenderes. Was hätten wir verpasst, wenn wir diesen Mietwagen nicht bekommen hätten! Und wir fahren ja – außer einem kurzen Abstecher zu dem alten Fischerdorf Nusfjord – immer nur auf der Hauptstraße. Wie viel mehr ist hier noch zu entdecken auf vielen Seitenstraßen die wieder zu anderen Fjorden und kleinen Dörfern führen.
Warum das so ist? Die Lofoten sind eine Inselkette vor der Küste Norwegens oberhalb des Polarkreises mit vielen kleinen, zerrissenen Inseln. Früher nur mit Fähren verbunden, hat man nun die großen Inseln und das Festland mit Brücken verbunden und einige Tunnel durch die Berge gebaut. Insgesamt leben auf der 190 Kilometer langen Inselkette 24.000 Menschen. Die rund 80 Inseln sind meist schmal, mit hohen Bergen, einige über 1.000 Meter.
Ursprünglich lebten die Menschen hier von der Fischerei. Vor allem Kabeljau wurde gefangen und dann an großen Holzrahmen getrocknet. Der so entstandene Stockfisch ist knochenhart und haltbar. Überall stehen die Holzgestänge, unterwegs sehen wir auch mal einen Lastwagen voll mit Stockfisch, allerdings touristengerecht bereitgestellt. Optisch ein Highlight, geruchstechnisch halt Fisch.
Da ein Teil der Inseln recht grün ist, werden viele Schafe gehalten, die manchmal frei über die Straßen gehen oder sogar darauf rumliegen. Das erleben wir aber nicht.
Leknes liegt etwa in der Mitte, von hier aus fahren wir Richtung Süden. Die Nordhälfte können wir dann nicht mehr schaffen, ein anderes Mal. Denn irgendwann müssen wir halt wieder zurück zum Schiff.
Das finden wir problemlos wieder. Das Tenderboot steht auch schon bereit, und um 16:30 Uhr sind wir wieder an Bord. Das war ein richtig schöner Ausflug! Mit Sonne wäre es wahrscheinlich noch schöner gewesen, so war es die ganze Zeit bewölkt bei milder empfundenen 13°C. Aber auch so sind wir reichlich beeindruckt.
Abends hören wir uns dann nur noch einmal den Comedian Don Clarke an, dann fallen wir müde ins Bett.
Die nächste Etappe sind 144 Kilometer bis nach Bodø.
Sie haben Fragen oder Kommentare? Gerne mit uns teilen!